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Berlin: Vivantes-Verkauf für Senat kein Tabu mehr

Geschäftsführung des Klinikkonzerns soll alle Alternativen durchrechnen – inklusive Insolvenz und Verkauf

Lässt der Senat den landeseigenen Klinikkonzern Vivantes doch pleite gehen? Werden Teile des Konzerns verkauft oder kommt sogar das gesamte Unternehmen unter den Hammer? Angesichts der schweren Schieflage von Vivantes ist offenbar kein Szenario mehr tabu, sagten Mitglieder des Vermögensausschuss des Abgeordnetenhauses am gestrigen Mittwoch. Selbst Parlamentarier der Regierungskoalition wollen derzeit einen Verkauf von Vivantes nicht ausschließen. Hintergrund ist die Finanzkrise des Unternehmens. Der Kreditrahmen von 230 Millionen Euro wird nur noch bis zum Ende des Quartals reichen. Dann droht die Insolvenz.

Berlin muss nun entscheiden, ob es Vivantes weiteres Geld zur Verfügung stellt, um dessen Liquidität zu sichern. Abgeordnete fast aller Fraktionen fordern nun von den 14000 Vivantes-Beschäftigten weit reichende Zugeständnisse beim Gehalt, um eine Sanierung zu ermöglichen. Bisher hat der Betriebsrat des Konzerns einem einmaligen Verzicht auf das Urlaubs- und Weihnachtsgeld zugestimmt. Einsparung: 34 Millionen Euro. Viel zu wenig, sagen Haushaltsexperten der Parlamentsfraktionen. Die Gehälter der Vivantes-Mitarbeiter seien wegen der Tarifbindung bis zu 20 Prozent höher als an anderen Berliner Kliniken, hieß es gestern. Das sei nicht konkurrenzfähig.

Heute treffen sich die Vivantes-Mitarbeiter im Charlottenburger ICC zur Betriebsversammlung, um über die Zukunft des Konzerns zu reden. Beobachter erwarten heftige Kontroversen, denn die Nerven der Belegschaft liegen blank. Viele haben das Vertrauen in die Unternehmensleitung verloren. Unter anderem deshalb, weil die vier Geschäftsführer, statt an einem Strang zu ziehen, häufig in Machtkämpfe untereinander verstrickt sind.

Auch die leitenden Mitarbeiter sollen Opfer bringen. Ihr Gehalt besteht aus einem festen und einem variablen Bestandteil. Dem Vernehmen nach sind das zwischen zehn und 30 Prozent, die nur ausgezahlt werden, wenn das Jahresziel erreicht wurde. 2003 hatten die 22 Betroffenen – darunter die Geschäftsführung – noch insgesamt 500 000 Euro für das Geschäftsjahr 2002 erhalten, sagt Personalgeschäftsführer Ernst-Otto Kock. Aber in diesem Jahr werde es einen Abschlag geben müssen. Denn für 2003 hat Vivantes sein Unternehmensziel um Längen verpasst. So fuhr der Konzern statt der geplanten zwölf Millionen Euro Verlust 29 Millionen Miese ein. Auch in den kommenden Jahren dürfte sich daran nichts ändern, denn die im Unternehmenskonzept avisierten schwarzen Zahlen ab 2004 sind in weiter Ferne.

Die Geschäftsführung wurde jetzt vom Senat beauftragt, bis März ein Sanierungskonzept vorzulegen. Auch die Alternativen wie Insolvenz oder Verkauf soll sie durchrechnen. Die Schließung einzelner Kliniken wird ebenfalls nicht ausgeschlossen. Die Geschäftsführung hat bereits die Kosten der insgesamt neun zum Verbund gehörigen Krankenhäuser verglichen. Resultat: Das Klinikum Spandau und das Wenckebach-Klinikum gehören zu den teuren Häusern, das immer wieder als Schließungskandidat gehandelte Klinikum Prenzlauer Berg dagegen zu den preiswerten. Einer der Gründe: In den Westkliniken seien mehr (relativ teure) Oberärzte beschäftigt, heißt es – in den Ostkrankenhäuser verhältnismäßig viele preiswerte Ärzte im Praktikum.

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