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Berlin: Vogelgrippe nähert sich Berlin

Totes Blesshuhn an der Stadtgrenze bei Wandlitz alarmiert den Senat. Sperrbezirke werden vorbereitet

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Die Vogelgrippe hat die Berliner Stadtgrenze erreicht. Am Freitag wurde der H5N1-Erreger in einem toten Blesshuhn in Wandlitz (Kreis Barnim) nachgewiesen. Roswitha Steinbrenner, Sprecherin der Senatsgesundheitsverwaltung, sagte: „Wir gehen davon aus, dass bald auch in Berlin ein mit dem H5N1-Virus infizierter Wildvogel gefunden wird.“

„Wir müssen uns auf eine dauerhaft schwierige Situation einstellen“, sagte Agrarminister Dietmar Woidke (SPD). Wenn es Verdachtsfälle in unmittelbarer Nähe der Stadtgrenze gebe, werden die Landkreise die Berliner Bezirke informieren, versicherte er. „Das geschieht auf dem kleinen Dienstweg.“ Wolfram Blaffert, Amtstierarzt des an Barnim grenzenden Berliner Bezirks Pankow, sagte, dass bei allen Pankower Geflügelhaltern in den vergangenen Tagen die Einhaltung der Stallpflicht kontrolliert worden sei. Man sei auf das Auftreten eines Vogelgrippe-Verdachtsfalls auch in Berlin vorbereitet.

In einem zweiten Fall wurde in einem toten Schwan bei Neuküstrinchen im Kreis Märkisch-Oderland das Virus gefunden, nachdem bisher nur die Uckermark betroffen war. Auch bei einem toten Turmfalken aus Brück südlich von Potsdam sei „ein schwach positiver Befund“ auf den Erreger H5N1 festgestellt worden, sagte ein Sprecher des Agrarministeriums. Allerdings steht der so genannte Pathogenitätstest, ob es sich um den auch für den Menschen gefährlichen Virustyp handelt, in diesen Fällen noch aus.

Es sei eine ständige Rufbereitschaft zwischen den Amtsveterinären, der Berliner Gesundheitsverwaltung und dem Institut für Lebensmittel, Arzneimittel und Tierseuchen (Ilat) eingerichtet, heißt es bei der Senatsgesundheitsverwaltung. „Wir haben Telefonketten gebildet“, sagte die Sprecherin. Sollte in Berlin ein verendeter Wildvogel gefunden werden, wird er umgehend zum Ilat gebracht, wo der Influenza-Schnelltest durchgeführt wird. Bei einem „begründeten Verdacht“, so Steinbrenner, werde die Fundstelle großräumig abgesucht und gereinigt. Alle Geflügelhalter werden im Umkreis von zehn Kilometern ermittelt.

„Wir arbeiten mit Hochdruck. Aber erst im Krisenfall können wir richtig einschätzen, ob das Personal in der Verwaltung ausreicht“, sagte Steinbrenner. In Berlin arbeiteten die Verwaltungen schon an ihren Kapazitätsgrenzen. „Wir beschäftigen uns mit Vogelgrippe, dem Sicherheitskonzept der Fußball-Weltmeisterschaft und dem Pandemie-Plan, falls eine Grippewelle ausbrechen sollte.“ Sollte sich herausstellen, dass das Personal nicht ausreicht, müssten Verwaltungsmitarbeiter in anderen Behörden abgezogen werden. So würden die Veterinärämter Mitarbeiter von den Grünflächen- und Ordnungsämtern anfordern.

Sollte das H5N1-Virus durch das Friedrich-Loeffler-Institut nachgewiesen werden, werden Schilder an allen Haupt- und Zufahrtsstraßen mit der Aufschrift „Sperrbezirk“ angebracht. Das Technische Hilfswerk würde Seuchenwannen zur Desinfektion vor größeren Betrieben aufstellen. Dann gilt auch ein Leinenzwang für Hunde und ein Hausarrest für Katzen.

Verbindlich ist diese Regelung bereits in den Brandenburger Sperrgebieten, die mit einem Radius von drei Kilometern um die Fundstellen errichtet wurden. In den so genannten Beobachtungsgebieten im Radius von zehn Kilometern um die Fundstellen soll der Hausarrest für Katzen und die Anleinpflicht für Hunde laut einer Verordnung des Bundes vom heutigen Sonnabend an gelten. In den Drei-Kilometer- Zonen darf ohne Ausnahmegenehmigung Geflügel weder gehandelt noch transportiert werden. Die Bestände werden von Tierärzten überwacht, Fremden ist der Zutritt zu den Ställen verboten.

In Wandlitz ist der See abgesperrt worden. Dicke Warn-Baken versperren Spaziergängern den Weg, rot-weißes Flatterband hängt an den Bäumen, Schilder warnen: Seuchenverdacht – Betreten verboten. „Der Fundort des toten Blesshuhns ist ein Wohngebiet am Seeufer“, sagt Jens-Uwe Schade, Sprecher des Umweltministeriums in Potsdam. Er schätzt, dass dort etwa 200 Katzen nicht mehr ins Freie dürfen. Ein älterer Herr ist davon wenig beeindruckt. Sein Kater sei schon immer ein Freiläufer gewesen, sagt er, „einsperren kann ich den nicht.“

Im Brandenburger Umweltministerium gehen Experten davon aus, dass in spätestens zwei Wochen das ganze Bundesland betroffen ist. Ein weiterer toter Vogel aus dem Landkreis Havelland wird derzeit im bundesweiten Referenzlabor des Friedrich-Loeffler-Instituts untersucht. Agrarminister Woidke erwartet deshalb nicht, dass die verhängte Stallpflicht für Geflügel aufgehoben werden kann. „Wenn nicht nur Zugvögel, sondern Wildvögel angesteckt sind, die dauerhaft hier leben, dann können wir keine Entwarnung geben“, sagte der Minister.

Da Neuküstrinchen, der Fundort des toten Schwans, nur acht Kilometer von der Grenze nach Polen entfernt liegt, stimmten Landrat Gernot Schmidt und Agrarminister Woidke mit Vertretern der polnischen Seite das weitere Vorgehen ab. Ein großer Entenschlachtbetrieb in Neutrebbin sei von den Beschränkungen nicht betroffen, sagte Martin Fritzsch, Amtstierarzt in Märkisch-Oderland. Der Betrieb befinde sich außerhalb der Beobachtungszone.

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