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Wenn es Tag wird über Schönefeld. Am frühen Morgen nimmt am neuen Hauptstadt-Flughafen auch der Lärm der startenden und landenden Maschinen zu. Die Anwohner wollen wenigstens in der Nacht ihre Ruhe haben. Foto: Patrick Pleul/dpa

© dpa

Volksbegehren zum BER: Die Nachtfluggegner wittern Morgenluft

Die vom Lärm betroffenen Anwohner des neuen Airports BER gehen in die Offensive: Alle Hoffnung liegt nun auf dem Volksbegehren in Brandenburg, 80.000 Unterschriften sind dafür nötig. In Potsdam versucht man die Abstimmung zu erleichtern – auch per Smartphone.

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Die Fluglärmgegner gehen in die Offensive und das gleich in zweifacher Hinsicht. Zum einen fokussieren sie alle Kräfte auf das brandenburgische Volksbegehren für ein totales Nachtflugverbot am Hauptstadtflughafen in Schönefeld, zum anderen kündigen sie Widerstand an gegen eine Verbreiterung der hindernisfreien Korridore für Starts und Landungen, die die Deutsche Flugsicherung (DFS) vorgenommen haben soll.

Davon sollen zehntausende Berliner – unter anderem Köpenicker – betroffen sein. „Die wissen noch gar nicht, was auf sie zukommt“, sagt eine Mitarbeiterin der Friedrichshagener Bürgerinitiative FBI, deren Aktivisten diese Abkürzung gerne aussprechen wie die jener US-Ermittlungsbehörde. Ermittelt haben die Mitglieder nun angeblich, dass die sogenannten hindernisfreien Zonen um Starts und Landungen im Südosten verbreitert wurden und im Südwesten ohnehin sehr breit waren. Dadurch, so die Befürchtung, könnten die Maschinen bei Starts und Landung problemlos von den am 26. Januar festgelegten Flugrouten abweichen – mit entsprechender Lärmbelastung für Anwohner. Axel Raab, Sprecher der Deutschen Flugsicherung, dementierte dies am Sonntag. „Wir haben nichts an den hindernisfreien Zonen um die Flugrouten herum geändert“, sagte er auf Anfrage. „Dass es solche Zonen gibt, ist allein der Sicherheit geschuldet. Wenn ein Flugzeug gerade beim Start oder bei der Landung in einer Notsituation nach rechts oder links ausweichen muss, dürfen dort keine Hindernisse wie Hochhäuser oder Fabrikschornsteine stehen.“ Genutzt würden diese Korridore nur in Notfällen, also etwa bei starken Unwettern und keineswegs ständig, wie von den Bürgerinitiativen befüchtet.

Die aber halten dagegen, dass Abweichungen von den Flugrouten immer toleriert würden. Flughafensprecher Ralf Kunkel sagt dagegen: „Das ist erst ab einer Höhe von 5000 Fuß, also etwa 1500 Metern, möglich. Auf die Schallschutzgebiete hat das keine Auswirkung.“

Die Hoffnungen der Fluglärmgegner richten sich nun auf den Erfolg des Volksbegehrens für ein Nachtflugverbot in Brandenburg. Am BER gilt – wie vom Bundesgerichtshof bestätigt – nur zwischen 23.30 Uhr und 5.30 Uhr ein Flugverbot. Fluglärmgegner fordern ein generelles Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr. Sie berufen sich auf Studien des Umweltbundesamtes, das vor Gesundheitsschäden durch nächtlichen Fluglärm warnt. In Berlin war das Volksbegehren vor wenigen Wochen gescheitert. Dort kamen nur 139 000 gültige Unterschriften zusammen, erforderlich waren 173 233.

In Brandenburg müssen bis zum 3. Dezember zwar nur rund 80 000 Unterschriften zusammenkommen, aber das ist nicht unbedingt leichter: Erstens sind nur die um den Flughafen liegenden Gemeinden betroffen, während das Nachtflugverbot den Cottbusern oder Senftenbergern herzlich egal sein dürfte. Zweitens reicht, im Gegensatz zu Berlin, nicht die Stimmabgabe auf der Straße, die Brandenburger müssen ihre Unterschriften in den Amtsstuben leisten oder zumindest die Unterlagen dort anfordern.

"Wir haben schon mehr als 51.000 Unterschriften"

Kritiker bemängeln, dass schon mehrere Volksbegehren in Brandenburg an dieser Hürde gescheitert sind. Deshalb gehen die Initiatoren des Volksbegehrens jetzt neue Wege, um die Menschen zu mobilisieren – zumindest in Potsdam. Smartphonenutzer brauchen dort nicht mehr ins Rathaus oder zu den vier anderen Standorten in der Stadt, sondern können über ihr Handy die benötigten Unterlagen anfordern.

Diese Möglichkeit ist Teil der Kampagne, die die Bürgerinitiative „Schützt Potsdam“ einen Monat vor Ende des Volksbegehrens gestartet hat. Im gesamten Stadtgebiet sollen bis Dienstag 2000 Plakate aufgehängt werden. „Das ist das erste Mal, dass nicht eine politische Partei eine solche Plakatierung vornimmt. Das hat es noch nicht gegeben “, sagt Initiativensprecher Markus Peichel. Das Besondere daran sind die sogenannten QR-Codes auf einigen Plakaten, jene kleinen Vierecke mit schwarzen und weißen Mustern, wie sie oft auf Werbematerial, Verpackungen und in Zeitschriften zu finden sind. Mit dem Smartphone kann man die quadratische Matrix fotografieren, das QR-Programm, eine App, decodiert sie und man landet automatisch auf einer Internetseite. Im Fall der Plakate der Bürgerinitiative ist es ein Internetformular, mit dem man sich die Unterlagen zuschicken lassen kann. „Damit machen wir die direkte Demokratie noch direkter und senken die Hürden für die Teilnahme“, sagt Peichl und ist sich sehr sicher, dass 80 000 Stimmen zusammenkommen.

„Wir haben jedenfalls schon weitaus mehr als 51 000 Unterschriften“, sagt Matthias Schubert. „Allein an diesem Wochenende sind Hunderte von Anforderungen auf Übersendungen der Unterlagen hinzugekommen.“ Schubert ist Vorsitzende des Aktionsbündnisses für ein lebenswertes Berlin-Brandenburg (ABB) mit Fluglärmgegnern beider Länder.

Die Berliner helfen jetzt im Umland beim Stimmensammeln. Und weil die Kampagne für das Volksbegehren viel Geld kostet, treten die Aktivisten anderswo kürzer. So ist aus der wöchentlichen Montagsdemo in Friedrichshagen eine Mahnwache geworden. Immerhin Hunderte von Teilnehmern werden heute dort erwartet.

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