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Der Landesverband des Bundes deutscher Architekten (BDA) kritisiert die Senatspläne trotz grundsätzlicher Unterstützung.

© Kitty Kleist-Heinrich

Volksentscheid Tempelhofer Feld: Masterplan des Senats kann Bebauungsgegnern in die Hände spielen

Viele Experten sind für neue Häuser auf dem Tempelhofer Feld, halten aber wenig von den Bauplänen des Senats. Architekten und Bauingenieure setzen deshalb auf andere Lösungen.

Der Masterplan des Senats für das Tempelhofer Feld könnte den Bebauungsgegnern in die Hände spielen – das ist die zentrale Sorge der Berliner Architekten und Bauingenieure. Sowohl die Berliner Architektenkammer als auch die Baukammer, also die Standesvertretung der Bauingenieure, lehnen den vorliegenden Masterplan ab, sind aber gleichzeitig für eine Bebauung des Feldes. Wie man in diesem Dilemma beim Volksentscheid am kommenden Sonntag abstimmen soll, weiß die Präsidentin der Architektenkammer, Christine Edmaier, auch nicht. Da müsse jeder für sich eine Strategie entwickeln.

Die Zentralfläche von 230 Hektar grundsätzlich von Bebauung auszunehmen, sei ein Fehler

Edmaier kritisiert die geplanten Neubauquartiere am West-, Ost- und Südrand des Feldes als kaum überlebensfähig. Das sei auch mehrheitlich die Meinung der Kammermitglieder. „Ein internes Diskussionsforum ergab eindeutig, dass der Masterplan des Senats grundsätzlich überarbeitet werden müsste. Die Quartiersbildung funktioniert aus stadtplanerischer Sicht so nicht. Die Erschließung ist zu aufwendig. Man sollte das Gelände vom Flughafengebäude aus entwickeln.“ Die Zentralfläche von 230 Hektar grundsätzlich von Bebauung auszunehmen, sei ein Fehler. Die Diskussion über mögliche Bauquartiere sollte neu begonnen werden, am besten in Form eines städtebaulichen Wettbewerbs, auf den bei der Erstellung des Masterplanes verzichtet wurde.

Edmaier plädiert dafür, möglichst viele Wohnungen auf dem Feld zu bauen, „ohne die Atmosphäre und Weite des Ortes zu zerstören“, aber auch ernsthaft zu prüfen, ob das Flughafengebäude sich zu Wohnzwecken nutzen ließe. Außerdem sollte zumindest eine Landebahn betriebsfähig gehalten werden, um die Option für „luftfahrtaffine Nutzungen“ offenzuhalten. Der Tempelhof-Experte der Baukammer, Thomas Blau, äußert sich ähnlich. Tempelhof wäre der ideale Standort für eine Luft- und Raumfahrtausstellung, allerdings gebe es dafür kaum Unterstützung aus Politik und Fachwelt.

Ellipsenform würde der historischen Figur des Flughafens viel besser entsprechen

Konkret geplant ist der Umzug des Alliiertenmuseums in einen Hangar des Flughafengebäudes. Für die historischen Flieger des Museums brauche man aber keine eigene Landebahn, sagte Museumschefin Gundula Bavendamm. Was den Volksentscheid betrifft, so verhalte man sich neutral. „Das betrifft uns nur am Rande. Wir werden uns so oder so arrangieren“, sagt Bavendamm.

Runde Sache. Das Feld als Ellipse passt besser zum ehemaligen Flughafen, findet die Berliner Baukammer. Diese Lösung datiert aus 1994.
Runde Sache. Das Feld als Ellipse passt besser zum ehemaligen Flughafen, findet die Berliner Baukammer. Diese Lösung datiert aus 1994.

© Hentrich-Petschnigg / Seebauer, Wefers

Bauingenieur Blau würde dem aktuellen Masterplan eine Planung aus dem Jahr 1994 vorziehen (siehe Grafik). Damals spielte die Senatsverwaltung verschiedene Varianten einer Randbebauung durch, die Entwicklung entlang einer elliptisch gerundeten Freifläche wurde als Vorzugsvariante ausgezeichnet, in weiteren Diskussionsrunden und Werkstattverfahren wurde diese Planung aber nicht wieder aufgegriffen.

Die Ellipsenform würde der historischen Figur des Flughafens viel besser entsprechen als der Masterplanentwurf, der vor allem an den Kopfenden der Landebahnen Baufelder vorsehe. An den Landebahnen müsste die Ellipsenlösung allerdings verändert werden, außerdem würde Blau auf jeden Fall eine breite Sichtachse von Süden her freilassen, sonst wäre der Blick von Stadtautobahn und Ringbahn versperrt.

Tatsächlich wird das Feld täglich von tausenden S-Bahn-Nutzern und Autofahrern begutachtet. Auch viele Vorbeifahrer genießen den weiten Blick und die Gelassenheit, die das Feld ausstrahlt, wenn auch nur für wenige Momente.

„Bauen ist nicht schädlich“

Baukammer-Präsident Jens Karstedt unterstützt Blaus Überlegungen, macht sich aber vor allem Sorgen um die Grundsatzentscheidung, die am Sonntag gefällt wird. „Bauen ist nicht schädlich.“ Schädlich für Berlin sei dagegen der Stillstand.

Der Landesverband des Bundes deutscher Architekten (BDA) kritisiert die Senatspläne trotz grundsätzlicher Unterstützung. Sie leisteten „kaum einen überzeugenden Beitrag zur Lösung des aktuellen Wohnungsproblems“, heißt es in einer Stellungnahme. Bevor das Feld überplant werde, müsse die Zukunft des Flughafengebäudes geklärt sein. Daraus ergibt sich die Forderung nach einem Planungsmoratorium. Das fordert auch die Linken-Fraktion im Abgeordnetenhaus.

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