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Wie lange noch? Manche Berliner hängen an ihrem Flughafen Tegel.

© dpa

Volksentscheid zum Flughafen: Die Unterschrift für Tegel ist Misstrauen gegen den Senat

Wann beendet der Berliner Senat sein verdruckstes Totschweigen zum Flughafen Tegel? Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Gerd Nowakowski

Gewonnen hat die Berliner FDP auf jeden Fall. Auch wenn noch offen ist, ob die benötigten 174 000 Unterschriften für einen Volksentscheid über die Offenhaltung des Flughafens Tegel erreicht wurden. Aber kaum jemand hatte beim Kampagnenstart vor vier Monaten erwartet, dass die erst kurz zuvor knapp ins Abgeordnetenhaus zurückgekehrte FDP so erfolgreich um Stimmen werben könnte. Das läuft sich tot, war die stille Hoffnung der rot-rot-grünen Koalition. Entsprechend verdruckst sind nun auch die Wortmeldungen aus dem Senat.

Die FDP hat erfolgreich das vorhandene Misstrauen über die Gestaltungsfähigkeit und Umsetzungskompetenz der Landesregierung angesprochen. Dabei gibt es durchaus vernünftige Nachnutzungskonzepte für Berlins Liebling Tegel. Kaum überzeugend aber ist, dass die Entwicklung der Stadt gefährdet ist, weil die zuziehenden Unternehmen außer in Tegel keinen Platz mehr fänden und nur dort Platz für Wohnungsbau sei, wie es die grüne Wirtschaftssenatorin Ramona Pop behauptet. Mancher wird da über den wohlfeilen Gebrauch von Argumenten nachsinnen. Auf dem Tempelhofer Feld war für Wohnungen jedenfalls kein Quadratmeter frei.

Genau deshalb ist für viele Unterstützer zweitrangig, dass die Kampagne auf der bloßen Behauptung der Liberalen aufbaut, ein Weiterbetrieb von Tegel sei rechtlich möglich, auch wenn der Flughafen BER am Netz ist. Denn warum sollten sie einer Regierung mehr Glaubwürdigkeit zumessen, deren Fortschrittsmeldungen zum Pleitebau in Schönefeld sich regelmäßig als unhaltbar erweisen? Beim Thema BER an der Weisheit der Politiker zu zweifeln, ist durchaus nicht schwer. Zumal angesichts der in den vergangenen Jahren enorm gestiegenen Passagierzahlen die Entscheidungsgrundlage von 1996 längst obsolet ist.

Der Senat hat sich von der FDP in die Defensive drängen lassen

Wo aber Politik keine glaubwürdige Orientierung bietet, stur auf frühere Festlegungen verweist und ansonsten der Debatte ausweicht, braucht sich niemand zu wundern, dass sich der Unmut eben in Unterschriften für Tegel artikuliert: Weil die im Roten Rathaus nicht wollen, obwohl sie könnten – so wird das verstanden. Politik reklamiert doch immer für sich, auf veränderte Realitäten zu reagieren und Zukunft immer neu zu gestalten. Und beim Stichwort Tegel gilt das nicht? Natürlich steht die Landesregierung in der Pflicht, die vielen Berliner zu entlasten, für die der Flughafen Tegel einen täglichen Lärm- und Dreckterror bedeutet. Und natürlich kann das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts nicht ignoriert werden, das den BER-Betrieb koppelt an die Schließung Tegels. Aber anstatt damit offensiv umzugehen, hat sich der Senat von der FDP-Kampagne in die Defensive drängen lassen.

Wenn die Stimmen für einen Volksentscheid ausreichen, was der Landeswahlleiter erst Anfang April verkünden wird, dann muss sich der Senat endlich darauf besinnen, die Menschen in der Hauptstadt ernst zu nehmen. Dann ist Schluss mit einem verdrucksten Totschweigen, dann muss offensiv geworben werden. Eine bewusste Entscheidung aller Berliner, wie es mit dem Flughafen Tegel weitergehen soll – etwas Besseres kann der Stadt doch kaum passieren.

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