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Berlin: Volle Strahlkraft Hatha-Yoga: Aktiv gegen Leistungsdruck

Franca Schuller ist das Temperamentbündel unter den Yoga-Lehrern. Ihr Fitness-Rezept heißt: Energie und innere Ruhe

Von Susanne Leimstoll

Wenn Franca Schuller was nicht leiden kann, dann sind es diese hektischen Vorturner in den Fitnessstudios, die die Leute von Übung zu Übung hetzen. Fettverbrennung ankurbeln, Muskelmasse aufbauen. „Immer dieses Zappeln, was soll denn das?“, fragt sie spitz. „Immer nur Power, Power, also wirklich, so ein Quatsch!“ Franca Schuller geht in ihrem Training auf Gegenkurs: Power and Balance, Energie und Ausgeglichenheit. Der Mensch, sagt sie, braucht beides: quirlig sein und zu innerer Ruhe finden. Ihr Schwerpunkt ist das klassische Yoga. Aber bei ihr träumt man sich nicht weg. „Mein Stil hat sich immer zwischen Fitness und Yoga bewegt.“

Das passt zu ihr. Gertenschlanke einseinundsiebzig, die ganze Person gespannt wie ein Flitzebogen. Eine Blonde mit mediterranem Temperament und süddeutschem Akzent. Die Mutter Italienerin, der Vater Franke. Eine, die mitreißen kann. Ein Showtalent, das den Tanz und das Theater liebt. Sternbild Steinbock, Aszendent Löwe, das knallt. Eine, die in ihrem Beruf alles Mögliche gemacht hat: Ausdruckstanz am Laban-Center in England, mit Kindern gegen Haltungsschäden antrainieren, Hockergymnastik mit Senioren. Vor Jahren kam sie über die Zwischenstation Frankfurt nach Berlin. Die Tochter, 18, will auf die Filmhochschule, der Mann, Journalist, ist Korrespondent in Warschau. Franca Schuller hat ihren Beruf bei jedem Umzug mitgenommen. Sie gibt Gruppenunterricht im Kreuzberger Frauen-Fitnessstudio Schokosport oder in Unternehmen wie KPMG, wo Mitarbeiter sich regelmäßig auf eine Stunde treffen, um mit ihr „das Krokodil“ oder „den Baum“ zu üben – Yoga in der Mittagspause.

Längst hat Franca Schuller Geschmack am Einzeltraining gefunden. „Da kann man besser korrigieren, sieht gleich den Erfolg.“ Nehmen wir die Haltung. Sie sitzt da, die Schultern schlaff, die Arme nach beiden Seiten ausgestreckt. „Wenn du die so hebst, wie sieht denn das aus?“ Und, zack, richtet sie sich auf, Hände nach oben, als käme sie gerade die Showtreppe runter: blitzende Augen, lächelnde Lippen. „Da“, sagt sie, „da ist sie!“ Energie, Ausstrahlung. Nebenbei: Wenn die Haltung nicht stimmt, strapaziert das die Muskeln. „Manchmal“, sagt sie, „muss ich jemandem tatsächlich beibringen, wie man sich aufrichtet.“

Sie trainiert die Leute mit Feingefühl. „Wenn einer ein starkes Hohlkreuz hat, kann man es mit Bauchmuskeltraining verbessern. Gerade kriegen wird man es nicht. Aber so ist er schon einen Schritt weiter.“ Man muss, sagt sie, den Körper des anderen auch lassen können.

Die Energie kanalisieren in der Bewegung, die Ruhe behalten, das ist Franca Schullers Credo. Yoga auch ohne Erleuchtung, das geht. Bloß keine Dogmen. Lieber ein Bild zu den Übungen liefern, ein „Haiku“ wie dieses: Das Lassen lassen, barfuß, lächelnd, die Sonne im Bauch. „Ist das nicht schön?“ sagt sie. „Rätselhaft, aber stimmungsvoll.“ Im April wird diese Stimmung greifbar – auf Ischia. Da bietet sie Yoga und Wellness an. Der Kurs ist ausgebucht.

KLASSISCHES YOGA – WAS IST DAS?

Das klassische Hatha-Yoga ist eine Form des ganzheitlichen Körpertrainings. Körper, Geist, Seele sollen mit den Haltungs- und Atmungsübungen, den Asanas, in Einklang gebracht werden. Das Ziel sind eine größere Mobilität, Vitalität und innere Gelassenheit. Klassisches Yoga trainiert also den Körper und den Energiefluss, aber stellt nicht den Leistungsgedanken in den Vordergrund. Es verlangt, wenn die Übungen gelingen sollen, auch nach innerer Ausgeglichenheit.

FÜR WEN EIGNET SICH YOGA?

Eigentlich für jeden Menschen jeden Alters – vorausgesetzt, er hat keine (chronischen) Verletzungen des Bewegungsapparates, wie etwa einen Bandscheibenvorfall oder Meniskusprobleme. In solchen Fällen wären ganz speziell auf ihn abgestimmte Yogaübungen nötig. Franca Schuller etwa trainiert Menschen zwischen 25 und 70 Jahren.

WAS KANN ICH ERREICHEN?

Klassisches Yoga macht einen vitaler, aber auch gelassener. Es lockert, dehnt und kräftigt die Muskeln, strafft den Körper, trainiert die Atmung. Es kann aber auch bei verschiedenen Krankheitsbildern lindern, etwa Durchblutungs- oder Schlafstörungen, nervöse Beschwerden, Kopf- oder Rückenschmerzen. Für Anfänger wäre es zum Beispiel gut, das beiliegende Übungsprogramm mindestens zweimal die Woche 20 bis 30 Minuten lang zu machen. Noch besser: zweimal wöchentlich in einen Kursus gehen.

WAS ANFÄNGER BRAUCHEN

Nur eine rutschfeste Unterlage: eine Trainingsmatte, die nicht zu dünn ist. Man sollte sich einen Anfängerkursus suchen oder sich einen Einzellehrer gönnen. Gruppenpreise liegen bei 8 bis 11 Euro die Stunde. In Berlin bieten diverse Fitnessstudios, Yogaschulen, auf die verschiedenen Yoga-Arten spezialisierte Anbieter und Volkshochschulen Yoga an. Am besten im Internet nachsehen.

DARAUF SOLLTEN SIE ACHTEN

Personal Trainerin Franca Schuller empfiehlt: „Einen Lehrer finden, der einem wirklich zusagt. Man sollte unbedingt das Gefühl haben, auf einer Wellenlänge zu sein, und lieber verschiedene Kurse ausprobieren, ehe man sich festlegt.“ Wichtig ist auch die eigene Einstellung zum „Sport“ Yoga: weg vom Erfolgszwang. Schauen, was der Körper wirklich leisten kann. lei

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