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Berlin: Vom Bauernfrühstück bis zur Spätlese

Am Freitag öffnet die Grüne Woche für jedermann Gucken, essen, trinken, streicheln unterm Funkturm

In Halle 4 proben schon Artisten und jonglieren mit Kartoffeln. In Halle 7 duftet’s nach Schinken. Vor Halle 20 fahren zwei Lastwagen ineinander, die Fahrer steigen aus und schreien sich an, der eine auf polnisch, der andere auf spanisch. Überall in der Stadt parken schlammfarbene Autos mit Provinzkennzeichen die Fahrspuren zu, während dunkle Lodenmäntel durchs KaDeWe wandern. Grüne Woche in Berlin.

Am Freitag beginnt Folge 68 der weltweit größten Landwirtschafts-, Gartenbau- und Ernährungsschau. 1596 Aussteller sind diesmal dabei, aus 55 Ländern. Im vergangenen Jahr waren es nur 18 mehr, nämlich 1614, sagt Messegeschäftsführer Christian Göke. Er sei sehr zufrieden. Das Niveau halten zu können, in so schlechten Zeiten für Lebensmittelhersteller und Bauern, das zeige, wie wichtig die Woche sei. Frankreich ist 2003 sogar schon zum 50. Mal dabei.

In diesem Jahr fehlt der Grünen Woche jedoch ein roter Faden. 2001 war BSE das dominierende Thema. 2002 war es die Agrarwende. Und die kommende Erweiterung der EU um die stark agrarischen osteuropäischen Länder klingt in den zahlreichen Konferenzen, Podiums-Diskussionen und Sonderschauen rund um die Messe erst an.

Vielleicht ist das Hauptthema in diesem Jahr die sich weiter verschlechternde Verfassung des Bauernstands. Umsatzrückgänge von 15 Prozent sogar bei den Biobauern, verkündete der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Gerd Sonnleitner gestern. Ein Bauer verdiene – pro arbeitendes Familienmitglied – durchschnittlich nur noch 1600 Euro brutto. Die Menschen gäben nur noch 15 Prozent ihres Budgets für Ernährung aus – und nur ein Viertel davon wiederum entfalle auf bäuerliche Produkte.

Für die Landwirtschaft und die Lebensmittelhersteller ist die Grüne Woche in Berlin traditionell zwar vor allem politisches Forum – aber auch gute Werbung. Deshalb: genug der Sorgen und rein ins Vergnügen. Mehr als 450 000 Besucher erwarten die Veranstalter auch in diesem Jahr. Und wieder ist die Anzahl der Shows, Konzerte und Feste gestiegen. Außerdem hat die Messeleitung mehrere neue Schwerpunkte geschaffen.

Über ein großes Angebot werden sich vor allem die Angler freuen. Unter der Ägide des Verbandes Deutscher Sportfischer präsentieren Experten an vielen Stände erstmals ausführlich Informationen zu Angelurlauben, Angeln und Naturschutz, außerdem Ausrüstungen. Immerhin haben mehr als 1,5 Millionen Deutsche einen Fischereischein. Neu ist auch die Sonderschau „Der gedeckte Tisch“. Auf mehr als 300 Quadratmetern lernen Interessierte, welche Tischdecken „in“ sind, wie Tafeln schön dekoriert werden – und wie sich Gastgeber und Gäste korrekt kleiden.

Sehenswert dürfte in diesem Jahr auch die Ausstellung der russischen Delegation sein. Der Stand in Halle 2.2 misst mehr als 3000 Quadratmeter. Zur Eröffnung gibt es folkloristische Tänze und russische Spezialitäten.

Zwei Drittel der Ausstellungsfläche belegt bei der Grünen Woche die Ernährungswirtschaft. Wie immer werden Messegänger sich also an guten Sachen aus aller Welt satt essen können. Acht Bundesländer beteiligen sich an der Produktschau der Centralen Marketing-Gesellschaft der Deutschen Agrarwirtschaft (CMA). Das geht vom rheinland-pfälzischen Restaurant bis zur kompletten mecklenburgischen Halle.

Zentrale Anlaufstelle für die Landwirtschaftssparte ist die Halle 25 mit dem Fachbesucherzentrum und der ebenfalls erstmals organisierten Bundesschau von Sportponys. Der beliebte Erlebnis-Bauernhof ist auf 4000 Quadratmetern angewachsen. Die Bund-Länder-Ausstellung zeigt das Leben auf dem Land mit vielen Urlaubs- und Freizeitangeboten. Aber auch die Themen „nachwachsende Rohstoffe“ und „Getreide als Energiequelle“ ergänzen den Landwirtschaftsteil der Messe. Der Abschluss eines anstrengenden Marsches durch zwei Dutzend Hallen sollte die Blumenhalle sein. Dort haben Gartenarchitekten aus Pflanzen ein Theater gebaut. Sogar Konzerte wird es geben. Sehr erholsam.

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