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Berlin: Von Anwohnern gefürchtet, von der Polizei geduldet

Die „Rudower Spinne“ ist ein Treffpunkt für Rechtsextreme – getan wird dagegen wenig

Endstation „Rudower Spinne“. Hier kommen die Pendler aus der U-Bahn ans Tageslicht. Zehntausende sind es täglich. Hier treffen sich auch die Glatzen, 15 bis 20 Jugendliche mit rechtsradikalem Unsinn und viel Bier im Kopf. Meistens bleibt es ruhig. Manchmal kommt es zu Pöbeleien, selten zu Schlägereien. Am kommenden Samstag beginnt hier der Aufmarsch von Neonazis. Die Rudower Spinne, der zentrale Verkehrsknotenpunkt des Stadtteils, ist seit Jahren in rechter Hand. Wer Angst vor Rechten hat, meidet diesen Platz. Alle wissen das. Und die Behörden dulden das. „Es gibt sie nun mal, die rechten Jugendlichen. Sie gehören zu Rudow“, sagt Klaus Smok, Chef der Streetworker im Viertel. „So weiß man eben, wo sie sind“, erklärt Jugendstadtrat Thomas Blesing.

Die örtliche Polizei tritt dem Eindruck entgegen, die „Spinne“ sei wegen der Rechten ein gefährlicher Ort. Seit einer größeren Schlägerei im Frühjahr sei praktisch nichts mehr vorgefallen, sagt Peter Jung, Dienstgruppenleiter von Rudow-Süd. Selbst diese Schlägerei habe eigentlich nur indirekt etwas mit der „Spinne“ zu tun. „Das war eine verabredete Aktion. Auslöser war ein Vorfall auf dem Britzer Baumblütenfest.“

Für Jung hat die Spinne als rechter Versammlungsort einen taktischen Vorteil. Der Platz ist von breiten Straßen umgeben, quasi eine betonierte Halbinsel. So etwas lässt sich gut kontrollieren. Und es gibt keine Beschwerden von Anwohnern. In Wohnviertel lässt man die Rechten sehr ungern. „Einmal sind sie auf einen Spielplatz ausgewichen. Das hat uns gar nicht gefallen.“

Auch die Geschäftsleute an der Spinne sehen keinen Grund zur Klage. „Es gibt keine unmittelbare Auswirkung“, sagt Bernd Brandt von der „AG Rudower Geschäftsleute“. Der Pendlerströme fließen zu Brandts Leidwesen ohnehin weitgehend an den Geschäften vorbei. Und wenn die Rechten neues Bier kaufen, benehmen sie sich offenbar anständig. Die Demonstration am Samstag allerdings störe die Geschäftswelt. Brandt befürchtet, dass wegen des Pressewirbels im Vorfeld viele Rudower abgeschreckt werden, die „Adventsmeile“ zu besuchen.

Seit Sommer 2002 kümmern sich Streetworker verstärkt um die rechte Szene. Bis vor zwei Wochen auch recht erfolgreich, sagt Streetworker-Chef Smok. Doch im Vorfeld der Demo habe der Chef der Kameradschaft „Berliner Alternative Süd-Ost“ René Bethage seine „Jugendarbeit“ verstärkt. Es gebe Anweisungen, sich nicht mehr mit Streetworkern abzugeben. Die Demo sei für den harten Kern der Rudower Szene – etwa 30 bis 40 Jugendliche – ein „Qualitätssprung“. „ Da glauben einige, jetzt bricht die Weltrevolution aus.“ Ob sie tatsächlich mitlaufen werden, da hat Smok so seine Zweifel. In der Regel hätten die Rechten erst gegen Mittag ihren Rausch ausgeschlafen. Die Demo beginnt aber schon um 10 Uhr.

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