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Berlin: "Von den Sinnen": Studienabschluss der Hanns-Eisler-Hochschule

Schnöde ist der Studienabschluss bei vielen Instituten, zu schnöde: Man geht in sein Prüfungsbüro und holt sich das Zeugnis ab. Wenn man will, kann man auf eigene Kosten mit Freunden seiner Wahl eine Flasche Irgendwas öffnen.

Schnöde ist der Studienabschluss bei vielen Instituten, zu schnöde: Man geht in sein Prüfungsbüro und holt sich das Zeugnis ab. Wenn man will, kann man auf eigene Kosten mit Freunden seiner Wahl eine Flasche Irgendwas öffnen.

Die frischen Kulturmanager von der Hochschule Hanns Eisler mussten für ihr Zeugnis in einer Luft, die Schnee versprach, einen fackelgesäumten Weg zur Ruine der Schinkelschen Elisabethkirche in Mitte finden. Und dort hat man sich dann für Fantasie entschieden: keine "Party", kein "Empfang" und auch kein steifes Zeugnisübergabegruseln. Sondern ein Fest. "Von den Sinnen" hieß es und streichelte diese mit allerhand Verwandlungen: Lichtinstallationen machen aus dem Haus einen Festsaal, eine Absolventin mit Diplom über die "kultursoziologische Analyse der Berliner Tangoszene" wird spät und sehr berückend selbst zur Tänzerin. Ein gefleckter Hund schießt durch die Beine der tanzenden Menschen. Wessen Verwandlung ist wohl der?

Dies ist mutmaßlich das einzige Fest, für dessen Organisation es einen benoteten Schein gibt: "Die Erstsemester des Studiengangs müssen mit nur 400 Mark Startkapital das Fest jedes Jahr neu erfinden", sagt Projektleiterin Dagmar Boeck: Einen Ort finden, der möglichst Magie besitzt, Sponsoren ins Boot ziehen, ein Programm erdenken - Feuerprobe für angehende "Kulturmanager". Der Institutsleiter Klaus Siebenhaar kriegt gerade von seinen Absolventen einen Kickertisch geschenkt, geordert bei www.kicker-klaus.de. Man weiß nicht warum, sind es die improvisierten Vorhänge, sind es die Gewürzgurken oder die angenehme Abstinenz von Attitüde - man mag gar nicht gehen. Und während die Studenten sich eine erste Gurke vom Buffet holen, tritt Kicker-Klaus Siebenhaar an den Fußballtisch und liefert sich das erste Duell. Die mit seinen Absolventen sind schon alle ausgefochten. Jeder einzelne von ihnen ist vorhin mit seiner Lieblingsmusik vorgestellt worden. Und als ein Cello seine Pause machte, drängelte im Hintergrund ein Korken voreilig aus seiner Flasche.

Wir wollen noch den Raum "Las Vegas" besuchen, aber oben sind inzwischen ein paar Sicherungen durchgeknallt. Auf dem Boden in einem dunklen, gepunkteten Raum sagt eine Squaw: "Das ist wie im Tipi hier." Ein Restaurant, das es noch gar nicht gibt, schenkt Kaffee aus. "Willkommen auf Baltrum. Hatten sie eine schöne Überfahrt? Die Füße wühlen im warmen Sand", sagen die Kopfhörer von Christiane Wellensieks Erlebnisinstallation. Und als wir vor die Tür treten, ist alles weißgeschneit. Irgendjemand wird einen gut benoteten Schein bekommen.

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