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Berlin: Von hüpfenden Herzen und hoppelnden Freunden

Hasen, Meerschweinchen und Hunde bescheren den alten Damen im Seniorenheim Spaß und Abwechslung – doch dem Verein „Leben mit Tieren“ fehlt Geld

Wer denkt, dass alte Damen keine Liebesgeschichten mehr erleben, der hat Hildegard Krauße noch nicht kennen gelernt. Frau Krauße ist fast 90 – und glücklich verliebt. „Mein Engelchen,“ sagt sie liebevoll zu ihrem Freund und streichelt seine verwegene Ponyfrisur. „Er ist so elegant,“ schwärmt sie.

Eine ihrer Betreuerinnen aus dem Seniorenheim Lentzeallee in Dahlem ist da ganz anderer Meinung: „Man weiß doch bei Stupsi kaum, wo hinten und wo vorne ist.“ Denn Stupsi ist eins der Meerschweinchen aus dem Streichelzoo des Altenheims, auch Kaninchen, Esel und Ziegen leben dort. Gerade sitzt Stupsi auf Hildegard Kraußes Schoß und lässt sich von ihr mit Möhrengrün füttern – im Aufenthaltsraum des Seniorenheims, bei der Kaninchenstunde, die dort zwei- bis dreimal in der Woche stattfindet.

Acht sorgfältig frisierte ältere Damen sitzen um einen großen Tisch herum: Auf dem hoppeln die Tiere umher, räkeln sich in zwei Bratpfannen, die mit Sägespäne gefüllt sind. Die Meerschweinchen fiepen vor sich hin. „Oh wie putzig“ und „wie süß“ rufen die Frauen. „Lauter fröhliche Leute hier,“ sagt Hildegard Krauße immer wieder und strahlt. Die 100-jährige Christine Löhr flirtet gerade mit Angelo, der viele Fans unter den Damen hat. Doch leider ist das dicke Schlappohrkaninchen zu schwer, um sich bei ihr auf den Schoß zu setzen. Deshalb sitzt er mitten auf dem Tisch und putzt sich – er fühlt sich wohl in der Damenrunde. „Als Kind hatte ich auch Kaninchen,“ sagt Frau Löhr, und man sieht ihr an, dass das eine schöne Erinnerung ist.

„Es ist wichtig, dass die Bewohner nicht nur noch auf die nächste Mahlzeit warten oder auf den Besuch, der meistens nicht kommt“, sagt Betreuerin Margitta Seeger. Und damit auch die Bettlägerigen ihre hoppelnden Mitbewohner kennen lernen, bringen ehrenamtliche Helfer vom Verein „Leben mit Tieren“ Stupsi oder einen seiner Gefährten zu ihnen ins Zimmer. Nicht nur in Wilmersdorf, sondern auch im Seniorenzentrum Schönow in Zehlendorf – dort gibt es ein ähnliches Tierhaus.

Und der „Tierbesuchsdienst“ des Vereins funktioniert nicht nur mit Meerschweinchen und Kaninchen: Auch etwa 60 Hundebesitzer besuchen mit ihren Vierbeinern viele Berliner Senioren- und Pflegeheime. Dafür nehmen die meisten weite Anfahrtswege in Kauf. Doch die Bahn- und Busfahrkarten sind für viele von ihnen eine Ausgabe, die sie sich eigentlich nicht leisten können. Denn viele von ihnen sind Rentner oder arbeitslos. Für die Hunde müssen sie immerhin auch noch ein Ticket lösen. Deshalb will der Tagesspiegel mit seiner Spendenaktion helfen und den Freiwilligen die Fahrten bezahlen.

Denn der Kontakt mit den Tieren ist sehr wichtig für die Bewohner der Seniorenheime. „Oft blühen die alten Leute richtig auf, wenn sie ein Tier auf dem Schoß haben“, sagt Betreuerin Margitta Seeger. Sie habe schon erlebt, dass Schlaganfallpatienten beim Kontakt mit einem Tier zum ersten Mal wieder ein bisschen sprechen. „Das geht richtig unter die Haut“, sagt sie.

Stupsi hat gerade aufgehört zu knabbern und schaut unter seiner Tolle mit den kleinen roten Augen zu seiner betagten Freundin auf. Fast möchte man in den Blick Zuneigung hineininterpretieren. „Er hängt so an mir und hoppelt nicht weg wie die anderen“, sagt Hildegard Krauße. „Deshalb habe ich ihn so lieb, obwohl es noch hübschere gibt.“

Spendenaktion Der Tagesspiegel e. V., Verwendungszweck: „Menschen helfen!“ Kto.-Nr. 25 00 30 942, Berliner Sparkasse, BLZ 100 500 00. Online-Banking ist möglich. Bitte notieren Sie Namen und Anschrift für den Spendenbeleg. Internet: www.tagesspiegel.de/spendenaktion

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