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Berlin: Von Ludern und Mauerblümchen

Rollentausch vor Publikum: Mit Jana Pallaske und Anna Maria Mühe treten in „Was nützt die Liebe in Gedanken“ zwei der vielversprechendsten deutschen Jungschauspielerinnen auf

Lampenfieber? Zittrige Knie? Premierenangst? Kein Gedanke! Natürlich, auch Jana Pallaske ist sehr gespannt darauf, wie ihr neuer Film „Was nützt die Liebe in Gedanken“ an diesem Dienstagabend beim Publikum ankommen wird. Aber mit Leiden ist die Spannung nicht verbunden – im Gegenteil: „Ich freue mich total“, versichert sie strahlend, „Ich finde es wunderschön, das kann ich reinen Herzens sagen.“

Ganz anders Anna Maria Mühe. Die hat in der vorigen Nacht gar nicht gut geschlafen, hatte sogar einen Albtraum: „Ich habe geträumt, wir standen auf dem roten Teppich, und da waren zwei Kameras. Aber im Kino waren nur fünf Leute. Nur ich, meine Familie und sonst keiner.“ Überflüssige Sorge. Zugegeben, der für Pressekonferenzen vorgesehene Raum im Hyatt-Hotel war gestern bei Jana, Anna, Daniel Brühl, August Diehl und dem anderen „Liebe“-Personal nicht ganz so voll wie bei den Herrschaften aus Hollywood. Doch die Vorstellung im Zoopalast war längst ausverkauft.

Es war eine lehrreiche halbe Stunde im Pressezentrum der Berlinale. Theoretisch weiß man es ja, dass Kino und Wirklichkeit weit auseinander klaffen und das Bild, welches ein Schauspieler auf der Leinwand von sich vermittelt, sich mit seiner Person nur selten deckt. Aber ein Rollentausch, wie er dort auf dem Podium vorgeführt wurde, nein, das sieht man selten. In Achim von Borries’ Film über eine Berliner Schüler-Tragödie von 1927 ist Anna Maria Mühe das blonde Luder, die reihenweise Jungenherzen bricht, Jana Pallaske dagegen das traurige Mauerblümchen, das nur schmachtet und ansonsten tut, was die kokette Freundin ihr sagt. Im Leben vor der versammelten Presse aber, da gibt sich Anna hochgeschlossen und groß kariert, alle Reize weggeknöpft, eine sensible, zurückhaltende junge Frau, die nur selten ein (dann aber bezauberndes) Lächeln zeigt. Dagegen Jana: luftig gekleidet, nicht gerade aufreizend, aber doch mit klug bemessener Koketterie, das schmale Gesicht ein einziges Strahlen, und auch das erste Wort der Pressekonferenz gehört ihr. Ein spielerisch-verschämt ins Mikrofon gehauchtes „Hallo“.

Gefragt werden natürlich vor allem der Regisseur und das Dreamteam Brühl/Diehl, die dann auch – der Film legt es ja nahe – über eigene Liebeserfahrungen berichten dürfen. Daniel Brühl muss es bei seiner ersten Liebe verdammt dreckig ergangen sein. Zwar hätte er nie den Mut gehabt, sich etwas anzutun, aber einen „raffinierten Mordplan“ hatte er schon entwickelt. Anna und Jana dagegen, offenbar in Liebesdingen schon sehr versiert, verweisen auf allgemein gültige Erfahrungen, Anna gar auf Welt- und Menschheitsgeschichte, die oft genug bewiesen habe, dass solche Konstellationen wie im Film vorkommen.

Zur Schauspielerei sind die beiden jungen Frauen eher zufällig gekommen. Bei Anna Maria Mühe, Tochter von Ulrich Mühe und Jenny Gröllmann, lag die Affinität zum Metier zwar nahe, entdeckt wurde sie aber bei einer Geburtstagsfeier im Wilmersdorfer Restaurant „Route 66“. Eine Frau vom Nebentisch hatte sie schon eine ganze Zeit fixiert, was Anna erheblich nervte. Als sie rausging, kam die Frau hinterher und sagte „Du bist es.“ Es war die Regisseurin Maria von Helland, die schon lange nach einer zweiten Hauptdarstellerin für ihren Film „Große Mädchen weinen nicht“ suchte.

Jana Pallaske war es ähnlich ergangen. Die Schule hatte sie in der letzten Klasse geschmissen, arbeitete hinterm Tresen im WMF-Club, später bei einer Casting-Agentur. Die hatte ihre liebe Mühe damit, eine Hauptdarstellerin für „alaska.de“ von Esther Gronenborn zu finden – bis sie im eigenen Büro entdeckt wurde. Mittlerweile ist Jana Pallaske als Jungaktrice erfolgreich, singt in der Punkband „Spitting of Tall Buildings“ und vertritt Markus Kavka an einem Tag pro Woche in seiner MTV-Pop-Klatschsendung.

Regisseur Borries hatte sie zum ersten Mal auf dem Filmfest in San Sebastian getroffen. Er kannte Jana nicht, sie war ihm bei einem Essen aufgefallen, und er dachte, mit der sollte ich einen Film drehen. Kurz danach sah er sie auf der Festival-Leinwand: in „alaska.de“.

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