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Berlin: Von Pazifisten umzingelt

US-Bürger in Berlin klagen über Antiamerikanismus. Bushs Irak-Politik stellt die Freundschaft auf eine harte Probe

Ein Junge bietet an, ein paar Worte zu sagen zum Irak-Konflikt. Er komme übrigens aus dem Iran. Da geht jemand dazwischen. „Euch bomben wir auch noch nieder.“ Alle lachen. Wieder mal ein gelungener Anti- Bush-Witz. Der amerikanische Präsident, der „Cowboy“, habe es ja nur auf das Öl abgesehen. „Krieg ist eine dumme Idee“, sagt Nick, dessen Eltern aus den USA stammen. So oder anders sagen es fast alle hier an der John-F.-Kennedy-Schule in Zehlendorf, ob nun Deutsche, Deutsch-Amerikaner, Iran- Deutsche, Indo-Amerikaner. „Hier wird nicht zwischen Deutschen und Amerikanern unterschieden“, sagt ein Mädchen.

Am Vorabend des Irak-Krieges scheint das gute Verhältnis zwischen Deutschen und Amerikanern in Berlin ungetrübt. Offener Antiamerikanismus ist kein Thema. Verdeckter dagegen schon. Lauren Kühnel von der „Initiative Berlin-USA“ lebt seit 35 Jahren in Deutschland und fühlt sich in diesen Tagen „irgendwie fremd“. Sie habe das Gefühl, es gebe in Deutschland nur noch Pazifisten. Einige von ihnen pflegten sogar einen „latenten Antiamerikanismus“ – indem sie zum Beispiel sagen: „In den USA würde ich nie Urlaub machen.“ An solchen Sätzen seien schon Freundschaften zerbrochen. „Eine schmerzhafte Erkenntnis“, sagt Frau Kühnel.

James Griffin von der Checkpoint-Charlie-Stiftung registriert in Gesprächen mit Deutschen „viele unbewusste antiamerikanische Haltungen“ – etwa den Satz: „Die Amis mischen sich überall ein.“ Oder: „Die Amis sind so militaristisch.“ Das sehen „die Amis“ inklusive Griffin ganz anders: „Irgendjemand muss ja die Seewege schützen und Nordkorea in Schach halten. Wir setzen uns dafür ein, weil wir denken, dass es unsere Pflicht ist.“ Dennoch: Griffin fühlt sich wohl hier. Die Debatte habe keine Auswirkungen auf den Alltag.

„Man meidet das Thema, weil es umstritten ist“, sagt Christopher McLarren von den „Veterans of Foreign Wars“. Es gebe eben grundsätzlich unterschiedliche Mentalitäten. „Amerikaner lösen gerne Probleme, das liegt in ihrer Natur.“ Auch die Vorstellungen von Krieg lägen weit auseinander. Die meisten in Berlin lebenden Amerikaner seien aber „europäisiert“ und hätten bei der letzten Wahl gegen Bush gestimmt.

Amerikaner wie der ehemalige Krankenhauspfarrer William Downey bedanken sich sogar für die deutsche Kritik an ihrer Regierung. Die Deutschen seien zu recht enttäuscht, dass die Bush-Administration demokratische Prinzipien missachte, für die Amerika bislang immer eingestanden sei. Persönlich habe er mit Deutschen noch keine negativen Erfahrungen gemacht. Die krasseste Frage sei gewesen: „Ist Bush verrückt?“

Natalie aus Baltimore, 14 Jahre alt, ist noch nicht „europäisiert“. Sie zählt auf der Kennedy-Schule zur kleinen Minderheit der Bush-Verteidiger. Die US-Regierung werde schon die richtigen Entscheidungen treffen. Da habe sie volles Vertrauen in ihren Präsidenten. Wegen ihrer Meinung werde sie aber nicht von ihren Freunden geschnitten. „Wir sind alle reif genug, damit umzugehen. Freundschaften sind wichtiger als Politik.“

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