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Berlin: Von Starken und Schwachen Gottesdienst in der Französischen Friedrichstadtkirche

Kurz vor 10 Uhr ist Berlins „gute Stube“ an diesem Sonntag fast menschenleer. Nur ein junger Mann eilt über den Gendarmenmarkt in Richtung Französische Friedrichstadtkirche.

Kurz vor 10 Uhr ist Berlins „gute Stube“ an diesem Sonntag fast menschenleer. Nur ein junger Mann eilt über den Gendarmenmarkt in Richtung Französische Friedrichstadtkirche. Auf dem kleinen Platz davor verlieren gestern die kurz gestutzten Bäume im Morgenwind ihre letzten Blätter. In der Kirche ist es warm und hell. Den Altartisch ziert eine weiße hohlsaumgestickte Decke, darauf ein goldfarbenes Kreuz, zwei schlichte Leuchter und ein bescheidener Herbststrauß – hier soll es erkennbar nicht um Gottes Prunk, sondern Gottes Wort gehen. Knapp zwei Dutzend Zuhörer sind in die Kirche gekommen, die 1672 evangelisch-reformierte Franzosen gründeten – die Hugenotten. Der junge Mann, den wir vor Beginn auf dem Gendarmenmarkt sahen, hat es noch geschafft, jetzt betet und singt er mit – ein Chor will sich aus der weit auseinander sitzenden Gemeinde nicht ergeben. Von den Schwachen und Starken predigt ihr Pfarrer Frielinghaus und liest aus dem Römerbrief des Apostels Paulus. „Keiner lebt sich selber, keiner stirbt sich selber“ heißt es da, dass wir alle des Herren sind. Dafür ist Christus gestorben und wieder auferstanden, „dass er über Tote und Lebende Herr sei“. Wir brauchen uns also in Gottes Augen nicht um uns selbst verdient zu machen, weil einer das für alle gemacht hat, predigt Stephan Frielinghaus. Christus zu gehören, bedeute, sich vor dem Zugriff der Starken zu retten, die alles selbst können wollen und das auch von den Schwachen verlangten. Wie human eine Gesellschaft sei, zeige ihr Umgang mit ihren Schwächsten. „Es besteht die Gefahr, dass unsere Gesellschaft das vergisst“, endet der Pfarrer.

Heidemarie Mazuhn

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