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Von Tag zu Tag: Aus der Ferne

Gerd Nowakowski hat Zweifel, ob der Fall Sürücü erneut verhandelt wird

Ihre Schwester wollte nur leben, dafür musste sie sterben. Der Freispruch für die älteren Brüder von Hatun Sürücü empörte Berlin – und versetzte Frauen in Angst, weil das Urteil jenen als Ermutigung gelten konnte, die Zwangsheirat und einem mörderischen Ehrbegriff nachhängen. Diese Fälle gibt es, hat etwa die Organisation „Hatun und Can“ öffentlich gemacht: Frauen müssen in Berlin um ihr Leben fürchten und sich verstecken, nur weil sie sich der von der Familie arrangierten Zwangsheirat verweigern und selbstbestimmt leben wollen. Für sie alle ist die Entscheidung der Leipziger Richter eine Genugtuung. Richter könnten klären, welche Rolle die älteren Brüder beim Mord an Hatun Sürücu spielten. Gewürdigt werden könnte auch die Aussage der Ex-Freundin des Haupttäters, dieser habe ihr das Mordkomplott gestanden. Könnte. Allerdings nur, wenn tatsächlich noch einmal verhandelt wird. Dazu braucht es Angeklagte. Die beiden Brüder halten sich in der Türkei auf; einer wurde kürzlich bei der Einreise abgewiesen, weil seine Aufenthaltsgenehmigung erloschen ist. Der Rechtsstaat hat korrekt gehandelt. Wahrscheinlicher aber hat es die Neuauflage des Prozesses nicht gemacht. Umso mehr bleibt es Pflicht der Gesellschaft, diesen gesellschaftlichen Skandal zum Thema zu machen.

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