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Von Tag zu Tag: Butterfahrt

Andreas Conrad hat noch nie einen Käse zum Bahnhof gerollt.

Den schönen Künsten wurden manches Mal prophetische Qualitäten zugesprochen – zu Recht, wie sich erwiesen hat. Nehmen wir nur den Schlager „Wer hat bloß den Käse zum Bahnhof gerollt?“ – ein munteres Musikstück von 1927 aus der Feder von Franz Strassman, auf das Jahrzehnte später sogar Marius Müller-Westernhagen zurückgriff. Eine Zeile von scheinbar vordergründigem Humor, zugleich aber eine Frage voller Rätsel. Auf ihren äußersten Sinnkern reduziert, behauptet sie einen Zusammenhang zwischen Nahrungsmitteln und öffentlichem Nahverkehr, unterstellt gar im Rollen des Käses ein zielgerichtetes Handeln. Das lässt sich nicht über alles, das auf Berlins Hauptbahnhof zurollt, sagen, in der Uckermark aber stimmt es ausnahmslos, gerade, was Käse betrifft. Die Supermarktdichte ist dort wie die der Bevölkerung, nun, sagen wir: recht dünn. Nicht jedem ist es vergönnt, jederzeit einen Käse zu erwerben, geschweige denn, ihn zum Bahnhof zu rollen. Aber ein Ausweg ist gefunden: Ein Busunternehmen fährt neuerdings Käse und andere Lebensmittel quer durch die Uckermark, direkt vom Erzeuger zur Dorfladentheke. Prinzip Butterfahrt – auf den Kopf gestellt.

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