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Von Tag zu Tag: Dufte

Bernd Matthies fährt U-Bahn mit Dieter Hildebrandt.

Berlin muss an seinen Alleinstellungsmerkmalen intensiv arbeiten. Mehr noch: Manche muss es überhaupt erst erkennen. Da ist zum Beispiel der angestrengte Versuch, die Bahnhöfe der Stadt reinigungsmäßig auf ein Niveau hochzupolieren, das erstmalig einreisende Münchener nicht automatisch an Warschau denken lässt.

Gut? Es könnte auch ein Fehler sein. Der Kabarettist Dieter Hildebrandt nämlich hat, wie er in einem Interview sagte, Glücksgefühle, wenn er in Berlin „in eine nach Urin und Moder stinkende U-Bahn“ kommt. Der Grund: 1943 war er Luftwaffenhelfer, und immer, wenn er eine U-Bahntreppe nach unten betrat, bedeutete das: Urlaub.

Nun ist es allerdings offenbar so, dass Hildebrandt, erfüllte 85 Jahre alt, nicht mehr sehr oft nach Berlin kommt. Denn die Berliner Bahnhöfe riechen heute im Grunde nicht anders als die Münchener Station Neuperlach-Süd, die für ihn heute das Tor zur Welt darstellt.

Mit anderen Worten: Berlin ist dabei, durch unüberlegte olfaktorische Gleichmacherei seinen Reiz für die Angehörigen der Luftwaffenhelfer-Generation zu verlieren. Es sollte also mindestens ein zentral gelegener Bahnhof der Metropole für Entäußerungen aller Art freigegeben werden, Urin, Moder, egal, Hauptsache authentisch.

Das Resultat könnte dann sogar als echte Berliner U-Bahn-Luft, Jahrgang 1944, in Dosen abgefüllt um die Welt geschickt werden. Glücksgefühle garantiert für alle, die damals dabei waren.

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