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Von Tag zu Tag: Duftmarken

Bernd Matthies über Symptome der grünen Kreuzberger Mehrheit

In Kreuzberg haben die Grünen, wie wir jetzt wissen, praktisch die absolute Mehrheit, und deshalb ist es kein Wunder, dass der Bezirk langsam zu einem Monument politischer Korrektheit aufgerüstet wird. Die lässt sich, nichts Neues, für den Bezirk besonders kostengünstig an Straßennamen exerzieren.

Dass dabei das historische Gedächtnis der Stadt entsorgt wird – Kollateralschaden. Otto Friedrich von der Gröben, der brandenburgische Kolonialoffizier, bekommt posthum die Quittung dafür, dass er es um das Jahr 1700 herum versäumt hat, einer antirassistischen Initiative beizutreten: Er wird auf dünner Datenbasis zum Schurken gestempelt, um die Empörwelle aufzustauen, die das Straßenschild für eine Ikone der Gutmenschlichkeit freispülen soll.

May Ayim, nun ja. 99 Prozent der Anwohner werden diesen Namen noch nie gehört haben, das spricht nicht gegen den Namen der deutsch-ghanaischen Lyrikerin, die sich 1996 in den Tod gestürzt hat. Aber soll in Zukunft jede neue politische Mehrheit ihre Duftmarken auf dem Stadtplan verstreuen dürfen? Zumindest sollten die Anwohner gefragt werden. Denn so viel Demokratie müsste auch unter grüner Alleinherrschaft möglich sein.

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