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Berlin: Von Tag zu Tag: Entscheidungen

Im Großen wie im Kleinen stehen wir tagein-tagaus vor Entscheidungen. Wir begegnen in Bahnen, auf Straßen und Plätzen der Armut.

Im Großen wie im Kleinen stehen wir tagein-tagaus vor Entscheidungen. Wir begegnen in Bahnen, auf Straßen und Plätzen der Armut. Wie soll man sich verhalten? Ich habe mal ausgerechnet, wie viel Geld ich monatlich brauchte, um in jede bittende Hand ein Scherflein zu werfen - sagen wir: 50 Pfennig. Nur auf dem Weg zur und von der Arbeit wären es täglich durchschnittlich zwei Mark, also rund 60 Mark im Monat. Das gliche dem Betrag, den ich täglich für einen jener Verkäufer von Obdachlosen-Zeitungen erübrigen müsste. Hinzu kommen noch meine Freunde, die Punker mit ihren liebevoll gepflegten und tadellos erzogenen Hunden. Entscheidungen.

Man kann die Summe verringern und dennoch Solidarität üben. Es regnete in der letzten Woche und war nasskalt. Dann gehen die obdachlosen Männer und vereinzelt auch Frauen in die U-Bahn in Deckung. Sie wollen auch ins Trockene, aber wohin sollten sie denn sonst? Gleich pflanzten sich vor diesen schlecht gekleideten, ungepflegten armen Teufeln die stramm in ihre Uniformen gepressten Ordnungsmänner mit ihren armen Hunden. Sie duzten die Unerwünschten und drängten sie, in den Regen hinaus zu gehen. Sie wollten nicht einmal abwarten, bis die armen Schlucker mit ihrem Frühstück, der Bierdose, fertig waren. In solchem Fall ist Parteinahme für die Armen hilfreicher, wenn auch schwerer als eine leicht entbehrliche Münze.

Ekkehard Schwerk

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