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Von Tag zu Tag: Faustpfand

Christian van Lessen erinnert an den geplanten Abriss eines Denkmals

Der strenge Blick, die rechte Faust geballt, die steif-wehende Arbeiterfahne im Hintergrund: So trotzt der von den Nazis ermordete einstige KPD-Vorsitzende Ernst Thälmann als Bronzedenkmal der Zeit. An der Greifswalder Straße in Prenzlauer Berg hält er beschmiert Ausschau, wartet auf sporadische Säuberungsaktionen. Er hat’s nicht leicht, wird immer wieder mit Farbe attackiert – und muss noch dankbar sein, dass es ihn noch gibt. Anders als die vergessene, einst vom Senat beauftragte Historikerkommission, die nach der Wende unsensibel den Abriss empfahl. Unter öffentlicher Anteilnahme erwischte es Lenin, nicht Thälmann. Sein Dickschädel siegte über den Kapitalismus, weil der nicht das Geld dazu aufbrachte, „Teddy“ Thälmann in seine 200 Einzelteile zu zerlegen. Hartnäckig hält sich auch das Gerücht, unterm Sockel verliefen Heizrohre nach Marzahn. Hat sich deshalb die Stadt für ihn erwärmt? Wie auch immer: Thälmann harrt aus. Sein strenger Blick duldet keinen Abriss. Städtische Vergesslichkeit aber kann ihm nur recht sein.

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