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Von Tag zu Tag: Heiter bleiben

Stephan-Andreas Casdorff würdigt das Lächerliche in unserm Alltag

Quillt nicht gute Laune oft aus schlechter? Seit ich in Berlin bin, habe ich mir abgewöhnt, das Menschliche lächerlich zu finden. So schrieb der große Robert Walser, wohnhaft in Charlottenburg, allerdings Anfang des vorigen Jahrhunderts, und eine Gedenktafel kündet davon, dass er ein „wegweisender Schriftsteller der Moderne“ gewesen sei. Richtig!

In unserer Moderne finden wir es also gefälligst nicht lächerlich, dass einer umhergeht und Autoreifen zersticht, wie es ihm beliebt. Lächeln wir bloß milde. Und halten wir es auch aus, dass ein anderer Efeu, um das sich schon so manches Gedicht rankte, einfach herunterreißt, wie es ihm gefällt. Das geschieht übrigens andauernd in Pankow. Ein Narr, der da einschreiten wollte, nicht wahr. Bleiben wir milde! Und dass, von West über Mitte bis Ost, in allen Bezirken verspätet sich die Post – ha, ist doch nur menschlich.

Übrigens, noch einmal zurück zu Walser: Sein Erzählstil war heiter, obwohl er pessimistische Inhalte vortrug. Und zum Schluss lebte er in einer Nervenheilanstalt. Davon sagt die Gedenktafel zum Wegweiser der Moderne lieber mal nichts. Es ist schon irre hier. Bleiben wir heiter.

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