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Von Tag zu Tag: Hochgefährlich

Christian van Lessen denkt mit gemischten Gefühlen an den Untergrund

Unheimlich, wie sich der Krieg in Erinnerung bringt. Nahe Bombenfunde, spektakuläre Evakuierungen – das brachten wir in letzter Zeit nur noch, pardon, mit Oranienburg in Verbindung. Die Spätfolgen des Krieges, beruhigten wir uns mit leichtem Mitleid, schien allein die Stadt vor den Toren Berlins zu tragen, übrigens mit bewunderswerter Gelassenheit. Aber wir? Hatten wir uns nicht vor Jahren und Jahrzehnten schon beruhigt, die Verwaltungen hätten alte Luftaufnahmen gründlich ausgewertet und alles im Griff? Hatten wir nicht vergessen oder verdrängt, dass immer noch auf Baustellen – weithin unbemerkt – nach Sprengkörpern gesucht wird, dass es regelmäßig auf dem Sprengplatz an der Avus kracht? Wir waren blind geworden mit der Zeit, hatten vergessen und verdrängt, was für grausige, gefährliche Geheimnisse der Berliner Boden verbergen kann.Der Fund des Riesen-Blindgängers zeigt uns, die wir Krieg nur als ferne Beobachter kennen, wie hautnah er uns ist. Wie hochgefährlich, immer noch.

Christian van Lessen

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