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Von Tag zu Tag: In der Traube

Andreas Conrad war Sonntag am Weihnachtseinkauf leider gehindert.

Der Berliner steht im Rufe, von allen Gratisangeboten zuverlässig angelockt zu werden wie die Motten vom Licht. Die kesse Lola mag von Männern umschwirrt werden, die Hauptstädter umschwirren alles, was nichts kostet. Doch ist das nur die halbe Wahrheit, denn sie schwirren ebenso heran, wenn es viel kostet. Man nehme nur die Lage am Sonntag kurz vor 13 Uhr vor dem KaDeWe, bekanntlich nicht gerade ein Billigwarenhaus: Menschentrauben in froher Erwartung des Kaufvergnügens, ungeduldige Schlangen im feuchten Dezembergrau, besonnt von der Schaufensterbeleuchtung, die Augen fest auf den geschlossenen Eingang gerichtet, als sei dahinter gleich Bescherung. Rational lässt sich das auch anderswo zu beobachtende Verhalten nicht erklären, auch die Kaufgewohnheiten ehemaliger, unter der Planwirtschaft sozialisierter DDR-Bürger, der Blockade- oder gar der Kriegsgeneration taugen kaum als Erklärung. Wahrscheinlich muss man tiefer graben, bei den ersten Ausgaben des Homo sapiens. Noch war er mit chronischem Mangel und meist leeren Wohnhöhlen geschlagen. Wenn er doch mal von einem erlegten Mammut erfuhr, ist er eben losgelaufen und hat zugelangt.

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