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Von Tag zu Tag: Lieber Kännchen

Bernd Matthies pflegt die Illusion eines friedlichen 1. Mai

Am 1. Mai ist in Berlin Revolution, das hat inzwischen einen ähnlichen Grad der Verlässlichkeit wie einst die alte Café-Regel „Draußen nur Kännchen“. Draußen nur Krawall, vorzugsweise in Kreuzberg, das wird auch in diesem Jahr nicht völlig ausbleiben.

Bemerkenswert ist aber, dass sich ein Veteran der Bewegung, der Ex-Terrorist Ralf Reinders, nun schon zum zweiten Mal als Anmelder der „Revolutionären 1.-Mai-Demo“ profiliert. Ein wenig erinnert dieses Verhalten an den legendären Gast der Wiener Staatsoper, der einmal vor Begeisterung versehentlich aus seiner Loge ins Parkett fiel – und dies dann alljährlich absichtlich wiederholte, um seinen Fehler nicht zugeben zu müssen.

Doch Reinders hat noch einen anderen Vorzug: Er ist knapp 60, das ist für den Straßenkampf viel zu alt. Er wird sich also wohl darauf beschränken, wieder seine traurige Rolle im sogenannten revolutionären Kampf der RAF hervorzuheben und seinen jüngeren Mitstreitern mit Kriegserlebnissen auf die Nerven zu gehen. Vielleicht merken die dann, dass ein kühles kapitalistisches Bier im Grünen doch die bessere Alternative ist. Und ein Kännchen erst recht. (Seite 8)

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