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Berlin: Von Tag zu Tag: Mehr Schein als Sein

Das kann doch nicht wahr sein, dass Berlin so gleisnerisch glänzt. Nichts als Fassade, mehr Schein als Sein.

Das kann doch nicht wahr sein, dass Berlin so gleisnerisch glänzt. Nichts als Fassade, mehr Schein als Sein. Ja, ja, die Stadt ist arm wie eine Kirchenmaus, wissen wir. Tag für Tag muss die öffentliche Hand elf Millionen Mark Schuldenzinsen bei den Banken abliefern. So viel, wie zum Beispiel vier Kitas im Jahr kosten. Die Schulen, die Hochschulen, die Bibliotheken, die Schwimmbäder, die Theater, Opern, Konzerthäuser - alle haben ihre liebe Sparnot. Und die sozialen Problemquartiere sind auch noch da.

Trotzdem: Wäre die Stadt so erfindungsreich, wie sie sich rühmt, müsste manches besser gehen. Eine Wilmersdorfer Freundin, die seit einer halben Ewigkeit in Amerika lebt, wird sich wundern, wenn sie wieder mal auf Stippvisite kommt und sich die neuesten Veränderungen in ihrer glitzernden Heimatstadt beguckt. "Da biste baff", wird sie sagen. Aus unserem Opern- oder Konzertabend wird nämlich diesmal nichts. Denn inzwischen machen die großen Bühnen montags blau, oder doch fast alle, manche auch noch dienstags und mittwochs.

Es ist direkt erschütternd, wie Berlins Bühnen mit Schließungstagen glänzen, als würden sie dafür bezahlt. Und obendrein alle auf einmal, statt sich wenigstens abzuwechseln. Sie halten kollektiv die Hand auf. Na und? Von wegen mehr Zuschüsse aus dem Stadtsäckel! Einspielen sollen sie das Geld! Dem Senat fällt auch nichts anderes ein als die Beschwörung der Kultur- und Geistesmetropole und das Herumdoktern an Bühnenstrukturreformprogrammen, die nie funktionieren.

Ach, wie ist man kreativ in Berlin - mit dem Mundwerk. So geht das wirklich nicht, verehrter Herr Diepgen, sehr geehrter Senat, werte Bundesregierung. Man wusste doch selbst in den allermiesesten Zeiten in West wie Ost, dass der Mensch nicht vom Brot allein lebt.

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