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Von Tag zu Tag: Schweineohr

Bernd Matthies über den Charité-Bau und Berlins neues Panorama.

Das kann jeder eingeborene Berliner: Von irgendwo droben das Stadtpanorama erläutern, da ist der Potsdamer Platz, da die Reichstagskuppel, und links daneben, nun ja, schön ist es nicht, das Bettenhaus der Charité. Der markante Bau ragt selbstbewusst empor, typisch für die Neigung der späten DDR-Architektur, schnöden Beton mit brauner Farbe und gülden spiegelnden Fenstern zu verbrämen.

Wie heißt es in Amerika? Man kann aus einem Schweineohr kein Seidentäschchen machen. Und deshalb hat wohl niemand gehofft, das braune Wolkenkratzerchen lasse sich zum Karfunkelstein umgestalten, ohne den Kostenrahmen zu sprengen und die Funktionalität des Krankenhauses zu beeinträchtigen. Dass es nun zum „Weißen Haus“ werden soll, klingt glamourös, doch dahinter versteckt sich nur ein weißer Kasten mit Löchern drin.

Große Architektur ist das nicht, ein Zeichen dafür, dass die Zeit der großen Entwürfe für Berlin Vergangenheit ist und der schnöde, vom Geld bestimmte Pragmatismus regiert. Wenn wir bald wieder einmal das Panorama erklären, wird es heißen: Das Weiße da neben dem Reichstag? Ach, irgendein Hochhaus.

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