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Von Tag zu Tag: Strafender Staat muss Augenmaß wahren

Hunderte müssen jedes Jahr wegen nicht bezahlter Strafen nach Schwarfahrten ins Gefängnis. Sinn oder Unsinn? Gerd Nowakowski sieht die Verbrecher jedenfalls vor lauter Strafe nicht.

Im Kittchen ist ein Zimmer frei? Nein, für Ganovenromantik gibt es keinen Anlass. Denn die Gefängnisse sind so überfüllt, dass selbst das höchste Berliner Gericht schon einmal die beengte Unterbringung rügte. Für über 100 Millionen Euro baut die Hauptstadt deshalb im brandenburgischen Großbeeren eine neue Strafanstalt mit 648 Zellen. Ein Viertel davon könnten wir uns sparen, wenn Berlins Justiz darauf verzichtete, Menschen ins Gefängnis zu stecken, die nichts verbrochen haben außer notorisch schwarz zu fahren. Strafe muss sein? Doch wem hilft es, Menschen zu strafen, die in den allermeisten Fällen vom Leben selbst schon ungleich härter bestraft sind: die obdachlos sind oder Alkoholiker, die haltlos und beziehungslos durchs Leben taumeln. Verbrecher? Mehr als 80 Euro kostet jeder Tag im Knast – dafür bekommt man in Berlin ein Zimmer in einem Mittelklassehotel. Mag sein, dass einsitzenden Schwarzfahrern nichts besseres passieren kann, als regelmäßig mit drei Mahlzeiten versorgt zu werden – das aber ist nicht Aufgabe der Haftanstalt. Auch ein strafender Staat ist gehalten, Augenmaß zu wahren. Übrigens: Am Sonnabend etwa gab es im Knast Spaghetti Bolognese.

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