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Ah, Frau Giffey! Kommense, kommense...

© dpa

Von Tag zu Tag: Wie Buschkowsky seine Nachfolgerin begrüßen könnte

Heinz Buschkowsky arbeitet Franziska Giffey ein. Unser Autor Lars Spannagel belauscht die Amtsübergabe im Rathaus Neukölln.

Heinz Buschkowsky sitzt am Schreibtisch, blickt aus dem Fenster und trommelt mit den Fingerspitzen auf einem Stapel Papier. Die Tür geht auf, seine Nachfolgerin Franziska Giffey betritt das Bürgermeisterbüro.

BUSCHKOWSKY: Ah, Frau Giffey! Kommense, kommense. Ich muss Ihnen da noch ein paar Sachen erklären, bevor ich die Flatter mache. Heute letzter Tag für mich, dann sind Sie am Ruder.

GIFFEY: Guten Morgen, Herr Bürgermeister. Eigentlich ist doch alles gesagt, ich arbeite ja auch schon ein paar Jahre hier in Neuk…

BUSCHKOWSKY: Selbstverständlich! Mir liegt nichts ferner, als den allwissenden Märchenonkel raushängen zu lassen. Nicht mein Stil. Ich wollte ihnen nur noch ein paar Dinge mit auf den Weg geben. Passense auf, ich verrate ihnen ein Geheimnis: Am besten funktionieren Hauptsätze.

GIFFEY: ... äh, ich verstehe nicht ganz ...

BUSCHKOWSKY: Also: „Neukölln ist überall“ war perfekt. „Im Herzen ist jeder Neuköllner“ – auch nicht schlecht. „Wo Neukölln ist, ist vorn“ war schon ein bisschen kompliziert, mit Komma und so.

GIFFEY: Sie meinen also ...

BUSCHKOWSKY (grinst immer breiter): ... genau! Regieren heißt formulieren! Probierense mal selber!

GIFFEY (denkt angestrengt nach): Mal sehen, wie wär’s damit: „Was in Neukölln passiert, bleibt in Neukölln.“

BUSCHKOWSKY: Nicht schlecht, klingt aber zu sehr nach Las Vegas. Stellen Sie sich vor, sie sitzen bei Jauch im Studio, die Kamera kommt näher und sie sagen ...

GIFFEY (vorschnell): ... „Völker der Welt, schaut auf diesen Stadtteil!“

BUSCHKOWSKY: Ach kommense, Frau Giffey, das könnense besser. Das Wort „Neukölln“ muss doch vorkommen.

GIFFEY (vorsichtig): „Je suis Neukölln“?

BUSCHKOWSKY: Schön zeitgeistig. Aber geht’s nicht ein bisschen deutscher? „be Berlin“ hat ja auch nicht funktioniert.

GIFFEY (unsicher): „Wir können alles – außer Hochdeutsch“?

BUSCHKOWSKY: Och nö, Frau Giffey. Langsam werd ich pampig. Neukölln! Schlagzeilen! Buchtitel! Großbuchstaben!

GIFFEY (langsam mutiger): „Neukölln – Hauptstadt der Welt“!

BUSCHKOWSKY: Jawoll! Jetzt hamse kapiert, was ich meine! Groß denken!

GIFFEY (eifrig, immer schneller): Der Tag geht, Neukölln kommt! Neukölln – was sonst? Mehr Neukölln vom brutto! Quadratisch, praktisch, Neukölln! Neukölln – wenn’s gut werden muss! Morgens halb zehn in Neukölln! Raider heißt jetzt Neukölln! In dubio pro Neukölln! Just neukölln it! Mehr Neukölln wagen!

BUSCHKOWSKY: Sehr gut! Und jetzt raus mit Ihnen, es gibt da einen ziemlich wilden Bezirk, der regiert werden will!

GIFFEY (rennt zur Tür): Ich geb’ mir Mühe, Herr Buschkowsky. Versprochen!

BUSCHKOWSKY (murmelnd): Sonst zieh’ ich Ihnen auch die Ohren lang.

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