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Berlin: Von Tisch zu Tisch: Joe Penas

Mexikanische Restaurants sind nicht jedermanns Sache. Schon Mark Twain sah das Problem dieser Küche darin, dass man sechs bis sieben Tage nach der Mahlzeit bereits wieder hungrig ist.

Mexikanische Restaurants sind nicht jedermanns Sache. Schon Mark Twain sah das Problem dieser Küche darin, dass man sechs bis sieben Tage nach der Mahlzeit bereits wieder hungrig ist. Das war lange, bevor die Leichtigkeit des Speisens zum Dogma moderner Ernährung wurde. Meinen Begleiter aus dem zartbesaiteten Blankenese kann man mit nichts so wirksam in die Flucht schlagen wie mit der Aussicht auf ein mexikanisches Mahl. Deshalb freute ich mich über die Gesellschaft jener extragestählten Freundin, die sich über alle Karrierehöhepunkte hinweg den unerschütterlichen Hang zu entlegenen Hippie-Hostels bewahrt hat.

Das Joe Penas am Marheinekeplatz ist der Nachfolger vom Tres Kilos, das unter den mexikanischen Lokalen der Stadt einst so ziemlich das feinste war. Wir hatten einen Tisch reserviert, und ich wunderte mich, dass uns fremde Jacken ins Gesicht hingen. Noch mehr wunderte ich mich, dass wir immer wieder aufstehen mussten, um wildfremde Leute an ihre Garderobe zu lassen. Tischwechsel ans Fenster: Kaum saßen wir, kamen einige Typen, die sich an den Haken direkt hinter uns zu schaffen machten.

Es gibt eine Cocktailkarte in Brevierstärke mit eigener Margarita-Abteilung, aber auch klassische Aperitifs. Sehr nette Kellnerin, bisschen streng, aber souverän und schlagfertig. Ich möchte doch gern einmal wissen, warum in den eher rummeligen Läden der unteren bis mittleren Preisklasse oft so freundliches Personal eingesetzt wird und in den superteuren Lokalen oft so kotzbrockiges. Hat da vielleicht das Gespenst des Kommunismus spät noch seine Finger im Spiel?

Die Taquitas Joe Penas, knusprige Tortillaröllchen gefüllt mit pikantem Hähnchenfleisch, dazu Cheese-Dip und Salsa, waren wirklich sehr gut und reichlich (10,50 DM). Mich reizte zudem besonders die am Tisch zubereitete Guacamole. Wie wird die Kellnerin bei der Überfüllung des Raumes das wohl bewerkstelligen? Styling mit System, lautete die Antwort. In einer Schüssel lagen vorbereitete Avocado-Scheiben mit Sour Cream und einigen Kräutern, auf dem Unterteller befanden sich Pico di Gallo, rote Zwiebeln, frischer Koriander und ein Limettenviertel. Das kippte sie zusammen und zerstampfte alles mit einem dafür zugeschnittenen Werkzeug. Dazu ein Korb mit warmen Nachos zum Dippen, und auf Anfrage - oh Luxus! - sogar noch eine echte Gabel (13,50 DM). Der Woodbridge Twin Oaks Cabernet Sauvignon von Robert Mondavi zum fairen Preis von 42 DM passte wunderbar dazu. Die Weinkarte ist klein, aber geschickt zusammengestellt, als offenen Schoppen kann man etwa den samtigen chilenischen Caliterra von Mondavi bekommen (9 DM).

Nach einer mittleren Kunstpause kamen auf großen Tellern die Hauptsachen: Ocean Asada und Fajitas Huanchinango. Garnelen und Würfel vom Red Snapper in einer guten, scharfen Salsa, dazu Salat mit angenehmem Dressing, nochmal einen Klacks Guacamole und guten Reis mit einer scharfen Tomatenhaube, außerdem zwei Quesadillas. Natürlich sind die Fische nicht direkt aus dem Ozean gehüpft, aber dafür waren Geschmack und Konsistenz wirklich befriedigend plus (24,50 DM). Die Fajitas dampften in einer roten Box, der Fisch dazu (wieder Red Snapper, der in amerikanischen Gewässern sehr verbreitet ist) in der Pfanne serviert, im Cajun Style gewürzt, und die üblichen Dips (28,50 DM). Schmeckte gut und sah wilder aus, als es am Ende war. Sehr rücksichtsvoll, dass der Nachtisch leicht gestaltet werden kann: frische Ananas, auf Kokosmilch-Honig-Spiegel serviert. Die Sprühsahne ließen wir beiseite, das sollte die Küche auch tun (7,50 DM).

Was sensible Menschen an mexikanischen Restaurants oft stört, ist, glaube ich, der Umstand, dass sie, egal wie gehoben, immer etwas Kneipenhaftes behalten. Viel Fingerfood, viele Sättigungselemente. Man muss schon ein bisschen tough sein und möglichst im Herzen ein Hippie oder etwas Ähnliches, um derlei mit Genuss auszuhalten. Frauen sind, das weiß man ja, grundsätzlich härter im Nehmen als harte Männer. Die Jungs, die es sich um uns herum schmecken ließen, hatten gerade mal das Teenager-Alter hinter sich.

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