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Berlin: Von Tisch zu Tisch: Kaizen im Sony Center

Ja, asiatisch. Trend der Zeit, leicht, würzig.

Ja, asiatisch. Trend der Zeit, leicht, würzig. Allen Köchen, auch den einfallslosen, rutscht inzwischen ständig irgendwas Fernöstliches in die Töpfe, Zitronengras ist gewissermaßen zur Petersilie des neuen Jahrtausends gewachsen, Frühlingsrollen liegen auf jedem Buffet, Thai ist schwer in Mode, jeder Stümper darf sich an Sushis vergreifen (und scheitert meistens schon beim Reis). Dennoch kommt die Entwicklung nicht mehr richtig voran: Das Thema scheint ausgereizt, spätestens, seit sich herumgesprochen hat, dass der Ruf der asiatischen Küche, speziell der japanischen, in erster Linie mit den perfekten Fischen und Meeresfrüchten zu tun hat, die es in Deutschland praktisch nicht gibt.

Aber wie wäre es mit den legendären japanischen Nudelsuppen? Eine Marktlücke, gewiss, wenn auch keine große. Dass man sich dieses Themas unter dem Dach des Sony-Centers angenommen hat, ließ auf hochkonzentriertes Expertenwissen hoffen, auf den Willen der Manager, sich das Allerbeste aus der Heimat nach Berlin zu holen; "Kaizen" heißt zudem sinngemäß "Veränderung zum Besseren". Eine spannende Sache also, doch nix Japan: Das Restaurant lebt in räumlicher Gemeinschaft mit dem neuen Café Josty und ist ein Ableger des "Lutter & Wegner" am Gendarmenmarkt, was ich ausdrücklich nicht für ein gutes kulinarisches Omen halte.

Nudelsuppen also, zu Preisen zwischen 15 und 26,50 DM. Entgegen ersten Drohungen liegt nun doch ein Löffel neben der Schüssel, der authentisch asiatisches Schlürfen umgehen hilft. Würzig, ohne penetranten Tütenduft, darin Entenbrust, aromatisch, zart, Möhrenscheiben, Eierblumen, und die japanischen Udon-Nudeln, deren ovale Form ein wenig von den europäischen abweicht, ohne dass sich geschmackliche Unterschiede feststellen ließen. Eine angenehme Sache, nicht gerade billig, aber gesegnet mit dem weiten Blick auf die Touristenmassen unter dem Sony-Dach, und die Miete ist hier sicher auch nicht ohne.

Doch Suppen allein bringen es nicht. Deshalb muss die Küche auch noch ein paar andere Dinge vorzeigen, und die gelingen ihr äußerst schwankend. Sehr gelungen fanden wir noch die zweimal zwei Riesengarnelen am Spieß (Ebi-Yaki) mit zwei Saucen (Curry/Soja), Reis und angenehm sauer eingelegtem Gemüse, eher belanglos hingegen die zwei Sushi-Scheibchen, die den Einstieg in ein dreigängiges Tagesmenü (48 Mark) bildeten und wohl nur dem Kostenkontrolleur des Hauses als vollwertige Vorspeise gelten mögen.

Der Hauptgang, Schollenröllchen mit Krebsfüllung auf Sesamspinat, zeigte exemplarisch, dass es nicht reicht, einfach irgendwas Exotisches mit was Hiesigem zusammenzuwerfen: Eine dicke, weiße, süße Sauce und der schon vom Garnelenspieß bekannte Soja-Sirup beförderten die gesamte Komposition ins kulinarische Niemandsland. Typisch für die Nonchalance des ganzen Betriebs schien uns, dass der Spinat unangekündigt durch Mangold ersetzt war und die Krebsfüllung durch Lachs und Krabben - wahrscheinlich kein Nachteil, aber ein Indiz dafür, dass man hier mit unbedarften Touristen rechnet, die das sowieso nicht merken. Sie können sich dafür an den großzügig über die Teller gestreuten blauen Blüten erfreuen.

Schließlich - das kennt man ja vom "normalen" Asiaten - waren auch bei den Desserts kein Höhenflüge mehr drin. Ein mampfig-dröger Karottenkuchen auf Kumquat-Sabayon, Ingwer-Trockenpflaumen auf einer seltsam klebrigen weißen Creme, die ihrerseits auf einem Supermarkt-Tortelett ruhte, das alles mag allenfalls Gäste beeindrucken, die schon das Ungewöhnliche an sich für den Ausdruck hoher Qualität halten. Im Konzert der besseren asiatischen Speisestätten in Berlin spielt das "Kaizen" in dieser Form keine Rolle.

Bis auf eins: Die Weinkarte ist so umfangreich und angenehm kalkuliert, dass sie fast jedes Berliner Restaurant schmücken würde. Mit den süßen Kreativschüben der Küche kommen vermutlich halbtrockene Weine am besten zurecht, beispielsweise der vorzügliche Riesling Kabinett von Markus Molitor für haarscharf 42,05 Mark. Dies ist mithin die Berliner Weinstube mit der besten Aussicht, und die Nudelsuppen sind auch nicht schlecht. Aber von "Veränderung zum Besseren" würde ich nun doch nicht gleich sprechen wollen.

Pause im "Portalis": Nach dem Abgang von Volker Drkosch schließt das Restaurant nun am 15. Juli, wird dann umgebaut und öffnet voraussichtlich am 12. September mit einem Gastspiel des Österreichers Hans Hauser (Tennerhof, Kitzbühel). Am 16. Oktober tritt der neue Küchenchef Thomas Kellermann an, ein ehemaliger Sous-Chef von Hans Haas; er arbeitet gegenwärtig im Sylter "Landhaus Nösse".

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