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Küchenchefin Dalad Kambhu und Gastgeber Moritz Estermann im neuen „Kin Dee“ in der Lützowstraße. So ausgefeilt wie die Küche ist auch das Konzept für Kunst und Interieur im Restaurant.

© Mike Wolff

Von TISCH zu TISCH: Kin Dee

Eine erfolgreiche Restaurant-Gruppe, ein Ex-Modell als glamouröse Köchin: ein spannendes neues Lokal mehr an der Potsdamer Straße

Geht schon weiter. Zwei Themen, die mich hier ständig verfolgen, fallen nun endlich zusammen: Der Aufstieg der Potsdamer Straße und die Konzernentwicklung der Grill-Royal-Gruppe. Denn die umtriebigen Macher Radczun und Landwehr, die sich nie auf ein einziges Konzept festlegen lassen, haben sich im letzten Jahr wieder einen Berliner Thai-Klassiker geschnappt, „Edd’s“ in der Lützowstraße – Chef Edd hatte genug vom Arbeitsleben. Und was machen sie draus? Ein neues Thai-Restaurant. Natürlich nicht mit irgendwelchen gesichtslosen Handwerkern, sondern mit einem Ex-Model am Herd: Dalad Kambhu ist eine glamouröse Autodidaktin, das läuft so ähnlich wie damals mit Victoria Eliasdottir im „Dottir“, die dieses Restaurant aber im letzten Jahr wieder verlassen hat.

Individuelle Gewürze

Gleich vorneweg: Ich habe das „Kin Dee“ in der Startphase besucht, kurz bevor die eigentliche Speisekarte aufgelegt wurde; es gab deshalb nur ein weitgehend festgelegtes Menü mit einer einzigen Wahlmöglichkeit im Hauptgang (45 Euro). Aber die Küche soll wohl so bleiben, wie wir sie erlebt haben. Und das würde ich mit „angenehm unspektakulär“ zusammenfassen wollen. Im Mittelpunkt stehen die selbstgemachten Gewürzmischungen, Dips und Saucen, die den Gerichten einen angenehm individuellen Hauch vermitteln und beiläufig klar machen, wie sehr selbst geschätzte Berliner Thai-Küchen aus dem Convenience-Fundus ihrer Heimat schöpfen. Das ist allerdings nicht nur ein Lob, denn andererseits fehlt dem Essen hier (mag sein, bislang) das Authentische, leicht Räudige, der Streetfood-Touch, der Wok-Taste.

Clean cuisine

Alles wirkt ein wenig zu clean, so, als würde ein hochtalentierter Hobbykoch streng nach Rezept arbeiten. In mehreren Veröffentlichungen wurde bereits kolportiert, man wolle nicht irgendwas aus Thailand importieren, sondern lieber mit hiesigen Produkten arbeiten, beispielsweise Kohlrabi statt Papaya zum Salat verarbeiten. Gut! Allerdings sollte man dann auch Alternativen zur allerweltsmäßigen Zuchtdorade im Hauptgang finden. Oder zu den (sehr fein) marinierten Jakobsmuscheln, die auf einer süßlich-scharfen Zitronengras-Koriander-Sauce erschienen – zusammen mit einem köstlich scharfen Apfel-Erdnuss-Salat und sehr würzig abgeschmecktem , krümelig-trockenem Schweinefleisch. Dessen Schale war mit einem transparenten Reispapier ausgeschlagen, man hätte das wohl irgendwie zusammen mit Salatblättern einwickeln sollen, aber wir haben nicht herausbekommen, wie das gehen könnte. Der zart geschmorte Oktopus lag auf einer intensiv rotbraunen Chili-Essenz, dazu gab es scharfen Gurkensalat mit Erdnüssen. Höhepunkt: Zweierlei Pilze mit Tofuwürfeln und Schmorgemüse in einer umami-satten Soja-Sauce.

Raum zum Tüfteln

Beim Hauptgang mussten wir uns zu zweit mit einer geschmorten Hähnchenkeule in Massaman-Curry plus Knoblauchspinat begnügen, die okay war, aber auch nicht mehr – und die dann auch den eher günstigen Menüpreis relativierte. Eine Produktschau à la Tim Raue ist hier offenbar nicht geplant, es soll alles irgendwie mittel bleiben. Erst die richtige Karte wird wohl Klarheit schaffen. Zum Abschluss Kokosnuss-Eis perfekter Konsistenz, recht süß und geschmacklich eindimensional. Das Weinangebot ist überschaubar, aber hochwertig. Mein Griff nach einem restsüßen Brauneberger Riesling von Fritz Haag (34) erwies sich als glücklich, denn sowas passt perfekt zu dieser Art Essen. Fazit: Spannend, aber es bleibt doch noch viel Raum zum Tüfteln – falls das Szenepublikum darauf Wert legt.

- Kin Dee, Lützowstr. 81, Tiergarten, Di bis Sa ab 18 Uhr, Tel. 215 52 94, www.kindeeberlin.com

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