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Die Räume haben in Rot und Grau mit goldenen Leuchten und dunklem Parkett den Muff der Nachwendejahre abgestreift, in Waidmannslust wird modern türkisch-orientalisch gekocht: im "Morgenland".

© Morgenland / promo

Von TISCH zu TISCH: Morgenland

In Waidmannslust, wo Rockendorf einst kochte, wird jetzt ein mutiges neues Konzept umgesetzt: türkisch-orientalische Küche - garantiert ohne Folklore

Kulinarische Geographie, nächstes Kapitel. Vor zwei Wochen habe ich hier beschrieben, was in den ehemaligen Räumen des „Maitre“ passiert, heute geht es nach Waidmannslust, dorthin, wo Siegfried Rockendorf kurz nach der Wende seinen eigenen Zwei-Sterne-Triumph feierte. Eigentlich kein schönes Restaurant, spießig damals, spießig später unter mehreren anderen Betreibern, die hier oben alle nicht glücklich wurden.

Erstklassige Produkte

Das neue Konzept ist bislang das mutigste: türkisch-orientalisch, Morgenland eben. Gottlob ohne Bauchtanz, handgesägte Serails und andere Folklore, sondern stilvoll modern – und selbst die Räume haben in Rot und Grau mit goldenen Leuchten und dunklem Parkett den alten Muff abgestreift. Hier lässt es sich also gut aushalten, zumal der Boss Ali Cürük und seine Leute den Gast aufgeschlossen und locker betreuen. Die Küche, das verrät die Speisekarte sofort, geht den Weg der Modernisierung mit Vorsicht und wagt sich nicht so weit vor wie beispielsweise im Wilmersdorfer „Honca“, ist aber dennoch weit entfernt vom Fleischspieß-Klischee. Dass es einen Teller mit gemischten Vorspeisen gibt, ist so oder so unumgänglich. Warum auch nicht, wenn, wie hier, auf Großmarkt-Convenience völlig verzichtet wird? Hummus, kompakt und leicht körnig mit angenehm wenig Öl, gegarte und gezupfte Aubergine mit Paprika und Tomaten (Baba Gannuc), scharfes Püree aus getrockneten Tomaten mit Walnüssen , Thymian und Zwiebeln, perfektes Cacik (griechisch: Tsatsiki), Schafskäse mit Paprikamark, marinierte Wachtelbohnen. Alles gut balanciert ohne aggressive Fast-Food-Würzung, frisch und appetitanregend (15 Euro für zwei).

Diskrete, nachhaltige Würze

Vor zusätzlichen warmen Vorspeisen wurden wir gewarnt, weil das angeblich zuviel sei, setzten dann aber doch zumindest die Lieferung von Kalbsleberstreifen mit Zwiebel-Sumach-Petersiliensalat durch (8,90). Der Höhepunkt: Die Leber zart und fast schon knusprig gebraten, der ganz knapp gehaltene Salat mit Biss und Würze – großartig. Auch hier wieder gefiel uns wieder die diskrete, aber nachhaltige Würzung. Die Hauptgänge fielen nun, durchaus überraschend, kaum ab. Kuzu Tandir, zart geschmorte, ausgelöste Lammhaxe (18,50) kam in einer klaren und etwas stark gebundenen Jus, dazu wählten wir „Morgenland-Reis“ mit Pinienkernen, Rosinen und unauffälligem Safran. Zwei große Wolfsbarschfilets kamen nicht im Stil der Gourmet-Küche gleichmäßig geschnitten, sondern als Schwanzstücke und damit zwangsläufig etwas ungenau gegart, aber das änderte nichts an der sehr guten Produktqualität. Angenehme Begleitung: Queller (Passe-Pierre) mit Pinienkernen, Sesamkartoffeln (24,50).

Keine überzogene Süße

Schließlich machten wir noch Halt im überschaubaren Dessert-Angebot, das im Kontrast zur Tradition auf überzogene Süße verzichtet: gebackenes Engelshaar mit (unauffälligem) Käse und Pistazien, oder eine Art Creme brulée, allerdings nicht überflämmt, sondern mit einer weicheren Kruste überzogen, dazu jeweils Vanilleeis mit Mastix, die einzige Zutat, bei der wir externe Produktion annahmen (je 7,50). Guter Mokka im brüllheißen Silberkännchen. Die kleine Weinkarte bietet ein paar gute türkische Weine, zum Beispiel den „Kayra“-Chardonnay mit gekonnt dezentem Holzeinsatz (36 Euro). Ich würde aber raten, hier noch deutlich aufzustocken, denn die jungen türkischen Winzer können mehr. Insgesamt reicht es fürs „Morgenland“ aber auf jeden Fall zu einer dicken Empfehlung.

- Düsterhauptstr. 1, Waidmannslust, Tel. 40 39 59 95, tgl. außer Montag ab 12 Uhr

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