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Berlin: Von Wulff lernen…

Die Berliner CDU-Fraktion auf Klausur in Niedersachsen

Vielleicht stählt es künftige Regierungschefs, wenn sie aufs Regieren besonders lange warten müssen. Neun Jahre hat Christian Wulff gebraucht, um vom belächelten Oppositionsführer zum Ministerpräsidenten in Niedersachsen zu werden. Geschadet hat ihm das nicht, wie die CDU-Fraktion des Berliner Abgeordnetenhauses bei ihrer Tagung in Hannover erfuhr. Die Diskussion mit einem, dem das Regieren richtig Freude zu machen scheint, gehörte zu den aufmunternden Teilen der Klausur-Reise. Denn mit Wulff redete der Berliner CDU einer Mut zu, der die Mühen der Ebene kennt hat – und der dabei gute Kondition bewiesen hat. Hatten dem stets ein wenig zu freundlich wirkenden CDU-Politiker aus Osnabrück nicht alle ebenso viel Schwiegersohn-Charme wie Agressionsmangel nachgesagt? Dann kam im Februar der sensationelle Wahlsieg. Manchem Ehrgeizigen in der Berliner CDU werden die Ohren geklungen haben bei dem Satz: „Es ist überhaupt schwer, ein drittes Mal antreten zu dürfen.

Jedenfalls hat Wulff in zweieinhalb Legislaturperioden einige Ideen gesammelt, die er nun zu niedersächsischer Politik macht – lauter Pläne, die die Berliner CDU-Abgeordneten eifrig beklatschten, weil man auch in Berlin so lange schon von hinderlicher Verwaltung und zu viel Bürokratie redet, von Schulden und Erstarrung – und dabei gern vergisst, dass das Reden schon in Zeiten CDU-geführter Regierungen begonnen hat. Wie frisch wirkte Wulff, als er sagte, die Politik müsse sich aus bestimmten Bereichen zurückziehen. In Hannover könnten die Bäcker Tische in ihre Läden stellen, ohne von dem Ämtern mit Vorschriften über die Anzahl der Toiletten drangsaliert zu werden. In Niedersachsen sollten demnächst die Taxifahrer entscheiden, wie ihre Taxen aussehen – ob taxi-elfenbei oder dunkelblau gehe die Politik nichts an, sagt Wulff. Die Anti-Kampfhund-Verordnung solle gekippt werden, weil nicht die Hunde, sondern die Halter das Problem seien – da war der Applaus der Berliner besonders heftig.

Die Frage, mit der die Berliner nach Hannover gekommen waren, lautete aber nicht bloß: Was tun, wenn man regiert? Sondern auch: Wie kommt man wieder an die Macht? Wulffs Antwort besteht aus mehreren Sätzen. Einer handelt von der „Berechenbarkeit“. Das ist der positive Ausdruck für die „Langeweile“, die Wulff zu verströmen schien. Ein anderer Satz handelt von der Oppositionszeit als Zeit der Talentsuche: Wulff hat jetzt mit Fraktionschef David McAllister einen Fraktionschef, der 33 Jahre jung ist – nur wenige Monate älter als sein Berliner Kollege Nicolas Zimmer. Ein dritter Satz handelt davon, dass man sich „nicht untereinander das Leben schwer machen“ sollte, wie Wulff diplomatisch formulierte. Nicolas Zimmer hörte es wohl mit Genugtuung. Und dann konnte er noch etwas lernen – das Schwarzenegger-Prinzip. Der nette Wulff erklärte, man verkleinere Verwaltung am besten, indem man bestimmte Zuständigkeiten abschaffe, statt hier und dort etwas wegzunehmen. Er nannte das ein „etwas rambohaftes“, aber effektives Vorgehen. Für die Ramborolle trainiert in der Berliner CDU derzeit allerdings keiner.

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