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Sechs Wochen noch. Am 24. September wird sich zeigen, welche Parteien und Politiker die Wähler bevorzugen. Eine Rolle dabei spielen auch die Wahlplakate.

© dpa

Vor der Bundestagswahl 2017: Gummibärchen sind die besseren Wahlplakate

Wirken Wahlplakate? Und bei wem? Der Psychologe Johannes Meixner hat es untersucht.

Johannes Meixner ist Diplom-Psychologe und Neurowissenschaftler. Seine Firma Emolyzr, einer Ausgründung der Humboldt-Universität, misst Emotionen - etwa gegenüber Marketingkampagnen.

Herr Meixner, seit ein paar Tagen hängen in Berlin die neuen Wahlplakate. Welches hat Ihnen persönlich denn am besten gefallen?
Ein relevantes Recycling hat die CDU gemacht mit dem Portrait von Angela Merkel. Das wurde bereits bei der Europawahl gezeigt – obwohl Frau Merkel überhaupt nichts mit dem Europaparlament zu tun hat. Bei den Wählern, das haben unsere Untersuchungen gezeigt, löste das Portrait aber starke, positive Emotionen aus. Ich bin gespannt, ob das dieses Mal wieder so sein wird.

Was macht ein gutes Wahlplakat aus?
Plakate müssen im Gedächtnis bleiben und als positives Erlebnis abgespeichert werden. Freundliche, authentische und humorvolle Motive oder bildliche Slogans können dazu besonders beitragen.

Psychologe Johannes Meixner.
Psychologe Johannes Meixner.

© promo

Es gibt aber doch genug Parteien, die auf Angst setzen.
Das stimmt. Wenn Partei mit ihren Wahlplakaten negative Gefühle erzeugen, müssen sie beim Wähler aber auch die Hoffnung wecken, dass sie die Probleme überwinden können. Die AfD versucht das zum Beispiel dadurch, dass sie suggeriert, Flüchtlingskrisen zu verhindern, indem sie die Zuwanderung stoppt. Manche Wähler sehen darin eine Lösung, und das erzeugt ein positives Gefühl beim Betrachten der AfD-Plakate. Auch die Linke weist traditionell stark auf Missstände hin, hat aber das Problem, dass ihnen die Lösung oft nicht zugetraut wird. Die Linken-Kampagne sendet dieses Jahr aber positivere Signale. Wo bei der Europawahl noch Notausgänge, Explosionen und Panzer zu sehen waren, steht jetzt „Gerechtigkeit“, „Zuhause“ und „Frieden“.

Was geht auf Wahlplakaten gar nicht?
Wichtig ist, dass ein Plakat eindeutig einer Partei zugeordnet werden kann. Das Logo muss in jedem Fall erkennbar sein. Bei der CDU habe ich dieses Mal Bauchschmerzen, weil das Parteilogo sehr unscheinbar wirkt und mit den Farben Schwarz-rot-gold gespielt wird. Damit versucht man wohl einen positiven Patriotismus auszudrücken, der das Bedürfnis eines nicht unerheblichen Teils der Bevölkerung nach Zugehörigkeit ansprechen soll. Vielleicht gewinnt die CDU so abtrünnige AfD-Wähler zurück?

Bei Ihnen spielen Emotionen eine große Rolle für die Wahlentscheidung. Wie stellen Sie die in Ihren Untersuchungen fest?
Für unsere Analyse zeigen wir einer Probandengruppe eine Auswahl von 30 Wahlplakaten der sechs größten Parteien jeweils nur für wenige Sekunden. Uns interessiert der erste, unmittelbare Eindruck. Die Probanden sind ausschließlich unentschlossene Wechselwähler zwischen 20 und 70 Jahren, da diese Gruppe besonders anfällig gegenüber Wahlwerbung ist. Wir untersuchen, wo die Probanden hinschauen und was sie dabei fühlen. Dazu wird mit Elektroden die Aktivität der Gesichtsmuskeln gemessen, um spontane emotionale Reaktionen nachzuweisen. Zudem analysieren Experten, welche unbewussten Codes von den Wahlplakaten gesendet werden und, ob diese zu den Werten und dem Programm der Parteien passen.

Viele Forscher bezweifeln, dass Wahlplakate die Wahlentscheidung beeinflussen.
Dem würde ich widersprechen. Wahlplakate sind überall zu sehen, dadurch werden wiederholt unbewusste emotionale Marker im Gedächtnis erzeugt und abgespeichert. Das Netto der positiven und negativen Gefühle, die von Wahlplakaten ausgelöst werden, sind ein wichtiger Bestandteil für die Wahlentscheidung – wenn auch nicht der einzige.

Wenn Emotionen so wichtig sind, wieso verteilen Parteien dann nicht einfach persönlich Gummibärchen an alle Wähler?
Ich finde das eine gute Idee. Eine solch ungewöhnliche Aktion würde die Sympathie und die Einfachheit des Abrufs der SPD am Tag der Wahl deutlich erhöhen. Wenn dann auch noch das Wahlprogramm stimmt, könnte Martin Schulz der neue Bundeskanzler werden. Es ist doch so: Vielen Wählern fällt es immer schwerer, die Positionen der Parteien zu differenzieren und auf Fakten basierend sich für eine Partei zu entscheiden. Gerade deshalb spielen Emotionen in diesem Wahlkampf eine so große Rolle. Gummibärchen für alle!

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