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Großes Risiko für Kleine. Vor allem auf dem Weg zur Schule werden Kinder durch unachtsame Autofahrer gefährdet.Foto: S. Pilick/dpa

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Berlin: Vorfahrt für Schüler

Nach Abbruch des Lotsenprojekts: Auch im Senat hält man es für möglich, Straßen vor Schulen zu sperren.

Eine Woche ist vergangen, seitdem die Werbellinsee-Grundschule in Schöneberg ihr Schülerlotsenprojekt aufgrund von Sicherheitsrisiken durch Verkehrsrowdys eingestellt hat. Seitdem diskutieren Schulen, Polizei und Politik, wie Berliner Schulwege sicherer werden können.

Die Grünen-Fraktion der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Tempelhof- Schöneberg bringt nun einen neuen Vorschlag in die Debatte ein: Die Einführung sogenannter Schulstraßen, die jeweils eine halbe Stunde vor Schulbeginn vollständig gesperrt werden. „Wir müssen neue Wege ausprobieren. Und das wäre eine Maßnahme, die sich zügig durchsetzen lässt“, sagt Annabelle Wolfsturm aus dem Verkehrsausschuss der BVV. Die Grüne geht davon aus, dass die Bezirke selbstständig entscheiden können, ob sie kleine Straßen zeitweise sperren.

Rückendeckung für den Vorschlag gibt es bereits aus dem Senat. Verkehrssenatorin Regine Günther (parteilos, für Grüne) sagte dem Tagesspiegel, dass sie ihn für eine mögliche Option halte, um das Problem vor Ort schnell zu lösen. Langfristig sollten laut Günther jedoch auch bauliche Maßnahmen geprüft werden.

Am 18. Januar soll der Antrag der Grünen in der BVV behandelt werden. Weitere Tagesordnungspunkte sind unter anderem die auch von Günther genannten baulichen Maßnahmen sowie die Durchsetzung regelmäßiger Kontrollen durch Polizei und Ordnungsamt.

Mehr Kontrollen und polizeiliche Unterstützung fordern derweil auch FDP und CDU in ihren jeweiligen Anträgen in der BVV. Das Problem mit Verkehrsrowdys sei allein durch Schulungen, Disziplinierungen und Strafen zu regeln, sagt Oliver Friederici, CDU-Verkehrsexperte im Abgeordnetenhaus. Dafür brauche es mehr Polizisten: „Wenn es nicht anders funktioniert, müssen sich eben Beamte dort hinstellen“, so Friederici. Eine Sperrung der Straße hält er nicht für sinnvoll: „Das bringt überhaupt nichts. Dann lassen die Eltern ihre Kinder eine Kreuzung weiter raus und dann ist da das Chaos.“ Das Verkehrsproblem, glaubt er, würde durch den Vorschlag der Grünen nur verlagert.

Oliver Schworck (SPD), Schulstadtrat in Tempelhof-Schöneberg, befürwortet ebenfalls eine stärkere Überwachung durch die Polizei, hält aber auch die Einführung von Schulstraßen für eine Möglichkeit: „Ich habe bereits mit der Schulleitung darüber gesprochen, ob es Sinn macht, bestimmte Straßen für einen bestimmten Zeitraum zu sperren, um die Situation zu erleichtern“, sagt er.

Da zwei Sackgassen zu der Werbellinsee-Grundschule führen, könne er sich eine vorübergehende Sperrung der Straßen in diesem konkreten Fall durchaus vorstellen. „Es muss dann allerdings Halteangebote für die Autos in der Nähe geben“, sagt Schworck. Auch er befürchtet, dass sich das Problem andernfalls auf umliegende Bereiche verlagert. Zunächst müsse jedoch überprüft werden, ob das Ganze überhaupt mit der Straßenverkehrsordnung vereinbar sei.

Erfahrungen mit Klagen gegen Straßensperrungen – ob nun dauerhaft oder vorübergehend – hat bereits die BVV in Pankow. Ein kleiner Abschnitt der Borkumstraße ist derzeit dauerhaft für Autofahrer gesperrt, damit Schüler des Rosa-Luxemburg-Gymnasiums sicher die Straße überqueren können, um andere Schulgebäude zu erreichen. Anwohner haben Klage gegen die Sperrung eingereicht, Eltern sammeln Unterschriften für ihren Verbleib. Sören Benn, Bürgermeister in Pankow, will an dem Fahrverbot festhalten, dass auf Antrag der Schule eingeführt wurde: „Ich halte das für sinnvoll.“ Es bleibt abzuwarten, ob der Fall vor Gericht kommt und wie dessen Entscheidung ausfällt.

Der Rechtsstreit um eine temporäre Sperrung in einer Spielstraße in Prenzlauer Berg zieht sich bereits seit zwei Jahren hin. Anwohner wollten verhindern, dass die Gudvanger Straße zu bestimmten Zeiten für den Verkehr gesperrt wird. „Wir haben noch nicht aufgegeben“, sagt Schulstadtrat Torsten Kühne, der das Projekt vorantreibt. Der CDU-Politiker hält temporäre Sperrungen in bestimmten Bereichen für sinnvoll, gibt allerdings zu bedenken: „Wenn sich jeder daran halten soll, muss so ein Durchfahrtsverbot auch bewacht werden.“ Das bleibt wieder Aufgabe der Polizei.

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