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Gestatten, sie ist die Neue. Die neue Ampel.

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Update

Vorsicht, Fußgänger!: Berlin testet "Count-Down"-Ampeln

Kopf hoch, Berlin: Der Senat testet neue Ampeln. Die ersten Exemplare stehen in der City West. Ob's was bringt? Die Verkehrsexperten sind gespannt.

Am Fehrbelliner Platz in Wilmersdorf hängen jetzt Ampeln mit eingebautem Zebrastreifen: Der rote Ampelmann erscheint – und gleichzeitig schaltet sich das darunter hängende Signal im Stil eines Mini-Zebrastreifens ein. Die weißen Streifen erlöschen nacheinander und zeigen dadurch an, wie viel Zeit den Fußgängern zum Queren der Straße bleibt. Das soll die Verkehrssicherheit erhöhen und auch Autofahrern nützen. Soweit zur Theorie, sie stammt vom Senat. Der hat nämlich 39 dieser so genannten „Count-Down“-Ampeln an drei Berliner Kreuzungen angeschaltet.

Die Standorte Kurfürstendamm/ Leibnizstraße-Olivaer Platz, Brunnenstraße/Anklamer Straße und Brandenburgische Straße/ Hohenzollerndamm wurden nicht nur wegen des hohen Verkehraufkommens ausgewählt, sondern auch, weil es dort einen blindengerechten Ausbau mit akustischem Signal gibt. Der Countdown läuft je nach Straßenbreite unterschiedlich schnell. Einheitliche Sekundenzähler wie in anderen Städten gibt es nicht, da verschiedene Zeiten an unterschiedlichen Kreuzungen die Fußgänger verwirren könnte. Die Berliner Countdown- Ampeln seien technisch einzigartig. Das Signal wurde von einer Berliner Firma entwickelt. Anders als blinkende Ampeln – sie werden seit vergangenem Jahr getestet – benötigen die Countdown-Ampeln keine Sondergenehmigung. 

90.000 Euro wurden investiert

„Das Countdown-Signal wird sicher deutlicher sein als das blinkende“, sagt Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD). Denn auch wenn es grundsätzlich positiv bewertet worden sei, wurde das Blinken in vielen Fällen missverstanden. Es habe aber trotzdem dazu geführt, dass es weniger Probleme mit abbiegenden Autos gab.

Am Standort Kurfürstendamm/Leibnizstraße passiert am ersten Tag wenig. Einmal muss ein Rechtsabbieger, vom Olivaer Platz kommend, scharf bremsen, weil eine junge Frau trotz abgelaufenem Zebrastreifen noch zum Sprint ansetzt – sie wollte ihren Bus erreichen. Vor solchem Leichtsinn bewahrt auch die neue Technologie nicht immer.

Die 39 Ampelelemente mit dem Countdown-Signal in der Mitte mussten für 90000 Euro neu gebaut werden. Denn anders als herkömmliche Fußgängerampeln braucht die Countdown-Ampel drei Signalfelder. Wegen der geringen Stückzahl sei der Preis so hoch gewesen. Ein Jahr lang sollen die Countdown- und Blinksignale eingesetzt werden. „Dann werden wir entscheiden, was sich bewährt hat“, sagt Horst Wohlfarth von Alm von der Verkehrsverwaltung. An Kreuzungen mit viel Fußgängerverkehr soll das Signal dann dauerhaft installiert werden.

Die fußverkehrsfreundlichen Ampeln bilden einen Teil der Berliner Fußverkehrsstrategie, die vom Senat im Juli 2011 beschlossen wurde. Jährlich stehen zur Umsetzung 1,3 Millionen Euro zur Verfügung. Zu den insgesamt zehn Modellprojekten gehört auch, dass an wichtigen Kreuzungen die Bordsteine abgesenkt werden.

Nicht jeder nimmt das neue Signal wahr

Der Passant Bert Hamsik hat gerade die Ampel am Kurfürstendamm überquert, er sagt: „Brauchen wir nicht. Wenn Grün ist, ist Grün, und wenn Rot ist, ist halt Rot.“ Tatsächlich nimmt nicht jeder die neue Anzeige wahr. Ein Mann hält auf der Mittelinsel an, obwohl er bei drei Balken noch hätte gehen können, zwei Seniorinnen schleichen mit Tunnelblick über den Asphalt, ein Trio Schülerinnen zeigt auf das Signal, lacht und kreischt: „Hä? Was ist das denn?“ Und Laura Semmels, Studentin, sagt: „Mir wäre dieser Zebrastreifen jetzt nicht aufgefallen. Ich gehe immer eher instinktiv los, wenn die anderen neben mir auch starten.“

Die fußverkehrsfreundlichen Ampeln bilden einen Teil der Berliner Fußverkehrsstrategie, die noch vom rot-roten Senat im Juli 2011 beschlossen wurde. Jährlich stehen zur Umsetzung 1,3 Millionen Euro zur Verfügung. Es gibt zehn Modellprojekte. Auch werden an allen größeren Kreuzungen die Bordsteine abgesenkt.

Gefärbter Asphalt in der Begegnungszone

Außerdem können sich momentan Bürger an der Entwicklung der so genannten Begegnungszone an der Maaßenstraße beteiligen. „Viele wünschen sich mehr Nutzungsmöglichkeiten für die Allgemeinheit“, sagt Horst Wohlfarth von Alm. Begegnungszonen zeichnen sich dadurch aus, dass dort viele Geschäfte sowie Gastronomie ansässig sind und somit viele Fußgänger herlocken. Ziel der Zonen ist es, die Sicherheit der Fußgänger beim Überqueren der Straße zu erhöhen. Gerade an der Maaßenstraße sei das wegen zugeparkten Straßenrand, engem Bürgersteig und Liefern aus zweiter Reihe schwierig. Im nächsten Herbst soll der Umbau an der Maaßenstraße starten – der Bereich soll dann als "verkehrsberuhigter Geschäftsbereich" mit Tempo-20-Zone und Halteverbotszone ausgezeichnet werden. Die Begegnungszone soll möglicherweise mit gefärbtem Asphalt markiert werden, um den Bereich hervorzuheben. Bordsteine sollen nicht versetzt werden. Nach der Maaßenstraße sollen nach und nach der Bereich um Checkpoint Charlie sowie die Bergmannstraße in Angriff genommen werden. Eigentlich sollte an der Neuen Schönhauser Straße eine Begegnungszone eingerichtet werden, aber da dort kaum Autos führen, habe man sich stattdessen für den Checkpoint Charlie entschieden.

Kristina Wollseifen, Moritz Herrmann

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