zum Hauptinhalt
Mit Mütze und Münze. Bernhard Blaszkiewitz zeigt die Knut-Gedenkmütze. Der Hype um den Eisbären, der dem Zoo Millionen brachte, war ihm stets suspekt.

© dpa

Vorwurf: Sexistische Beleidigung von Mitarbeiterinnen: Senat distanziert sich vom Zoo-Chef

Frauenfeindlich, beleidigend, umstritten. Kurz vor Verlängerung seines Vertrags werden Vorwürfe laut gegen Bernhard Blaszkiewitz. Er fühlt sich aber missverstanden.

Der Streit um den Chef von Zoo und Tierpark ist eskaliert. Anlass ist eine interne Aktennotiz, auf der Bernhard Blaszkiewitz als Vorgesetzter vor den Namen der angeschriebenen Mitarbeiterinnen die Ziffern „0,1“ gesetzt hat. In Zoologischen Gärten steht dies für ein weibliches Tier oder „ein Weibchen“. Auf die entsprechenden Ziffern bei den männlichen Mitarbeitern – „1,0“ – hat der Vorgesetzte verzichtet. Zudem soll der 58-Jährige in einer Betriebsversammlung in der vergangenen Woche Zoomitarbeiter beleidigt haben; Gewerkschaftsvertreter waren anwesend. Das Präsidium des Aufsichtsrates der Zoo AG werde sich jetzt zu Wochenbeginn unverzüglich zusammensetzen, um alle Seiten anzuhören, sagte der Aufsichtsratsvorsitzende Frank Bruckmann dem Tagesspiegel.

Frauensenatorin Dilek Kolat (SPD) griff den seit Jahren immer wieder in der öffentlichen Kritik stehenden Vorstand der Zoologischer Garten Berlin AG, Blaszkiewitz, scharf an. „Das ist ein klarer Fall von Diskriminierung. Und von Führungspersonen erwarte ich, dass sie Diskriminierung im eigenen Unternehmen vermeiden und bekämpfen“, sagte sie dem Tagesspiegel. „Wer so handelt, hat sich als Führungsperson disqualifiziert.“ Auch Senatssprecher Richard Meng kritisierte die Formulierungen des Zoochefs und sagte: „Jede Äußerung, die als diskriminierend verstanden werden kann, ist fehl am Platz.“

Bernhard Blaszkiewitz selbst fühlt sich missverstanden. Er kritisiert, dass interne Notizen und seiner Ansicht nach verfälscht wiedergegebene Gesprächprotokolle der Öffentlichkeit zugespielt wurden. Dies sei ein Verstoß gegen das Verschwiegenheitsgebot am Arbeitsplatz. „Das ist doch eine konzertierte Aktion gegen mich“, sagte Blaszkiewitz am Sonntag dem Tagesspiegel und erklärt es folgendermaßen: Das sonst für weibliches Geschlecht und Anzahl gebräuchliche Kürzel „0,1“ sei eine „tiergärtnerische Bezeichnung“, die er seit Jahren in den Aktennotizen so gebrauche, „und bisher hat sich noch niemand bei mir beschwert“.

Auch aktuell habe keine Mitarbeiterin sich an ihn gewandt. „Ich habe das höflich gemeint“, sagte Blaszkiewitz, „das ist eine Verbeugung vor den Damen, bei den Männern habe ich nichts hinzugefügt, und auch bei mir lasse ich den Doktortitel weg.“ Wenn etwa Mitarbeiter Kinder bekämen, bezeichneten sie dies der Fachsprache gemäß auch oft als „Nachzüchtung“. Man schreibe beispielsweise „0,1“ oder „1,0“ zur Geburt eines Kindes auf die Postkarte. Dies sei in Zoo und Tierpark oft gebräuchlich.

Ganz normal findet dies aber nicht jeder. Die Formulierung sei „krass diskriminierend, unglaublich und in gewisser Weise unterirdisch“, sagt die frauenpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion, Katrin Vogel. Blaszkiewitz Erklärung kann sie nicht nachvollziehen. Er solle sich im Parlament äußern, damit man einschätzen könne, ob er noch tragbar sei oder nicht. „Das ist ja nicht das erste Mal, dass er in der Diskussion ist.“ Blaszkiewitz war oft kritisiert worden, auch wegen seines Umgang mit Tieren.

Die frauenpolitische Sprecherin Ina Czyborra der SPD sagte, sie könne diese Bezeichnungen aus dem Tierreich für Menschen nicht dulden. „Diskriminierendes Verhalten wird dadurch nicht besser, dass man sich dessen nicht bewusst ist.“ Die Praxis der Ziffernkennzeichnung sei „absurd“. Czyborra spricht von abwertendem Verhalten Frauen gegenüber – bei den Männern sei nur der Nachname genannt worden. Die frauenpolitische Sprecherin der Grünen, Anja Kofbinger, hat zu dem Vorfall eine Kleine Anfrage im Abgeordnetenhaus gestellt. Offenbar gebe es sozialen Schulungsbedarf für den Zoochef dazu, „wie ein moderner Chef ein Unternehmen heutzutage führt“, sagte sie.

Kofbingers Kollegin Claudia Hämmerling bekräftigte ihre Forderung nach sofortiger Ablösung des Tierparkdirektors und Zoovorstandes. Die Vertragsverhandlungen zu Blaszkiewitz, der seit 31. Januar 2007 gemeinsamer Chef von Zoo und Tierpark ist und seit 1991 bereits Tierparkdirektor war, stehen im Frühjahr an. Die nächste reguläre Aufsichtsratssitzung der Zoo AG ist am 1. Februar.

Auch die angeblichen Äußerungen Blaszkiewitz’ bei der Betriebsversammlung stießen auf Kritik. Laut einem Protokoll soll er Folgendes gesagt haben: Wer unchristlich sei, habe gar kein Recht, Weihnachtsgeld anzunehmen. Oder: „Das Leitbild bin ich.“ Blaszkiewitz entgegnet: „Das ist ungehörig und ein starkes Ding, so habe ich das alles nicht gesagt.“ Ja, es habe Diskussionen über Kirchenzugehörigkeit gegeben, aber da habe er gesagt, es sei jedermanns Recht, Mitglied zu sein oder nicht. Zudem habe er gesagt, dass es stimme, dass die Kuratoren und er die tiergärtnerischen Regeln vorgeben. „Das Einzige, was in dem Protokoll stimmt, ist, dass ich gesagt habe, als Tierpfleger überarbeitet man sich nicht.“

Im Senat gibt es kein spezielles Gremium oder eine inhaltliche Fachaufsicht für Zoo und Tierpark. Nur die Finanzverwaltung kontrolliert, dass die Gelder abgerechnet werden; eine Vertreterin sitzt im Aufsichtsrat. Das bezirkliche Veterinäramt prüft die Tierhaltung. Der finanzpolitische Grünen-Sprecher Jochen Esser fordert, dass der Aufsichtsrat der Zoo AG auch klären müsse, warum die EU dem Tierpark zuletzt rund 120 000 Euro  wegen Mängeln bei Bauauftrags-Vergabeverfahren gekürzt hat. Laut Blaszkiewitz kommt der Tierpark für den Verlust „aus eigener Tasche auf“. Das Land Berlin wollte den Tierpark in Friedrichsfelde 2012 mit 5,4 Millionen Euro für die Betriebskosten unterstützen, für 2013 sind 5,2 Millionen Euro veranschlagt.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false