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Berlin: Waben vom Alex fürs Wohnzimmer

Gestern wurden die ersten Teile der einstigen Kaufhof-Fassade verkauft und versteigert

Was tut man mit einem sperrigen Stück Aluschrott, das so grau wie eine Maus aussieht, etwa so lang und breit wie ein Snowboard ist, scharfe Kanten hat und elf Kilo wiegt? Man könnte es beispielsweise so schön akkurat senkrecht wie einst an der KaufhofFassade am Alex neben dem Spiegel im heimischen Wohnzimmer festdübeln – oder im Treppenhaus, falls es die Nachbarn gut finden. Das zumindest hat Klaus Schilling aus Friedrichshain mit seiner Alu-Wabe vor, die er am Sonnabend vor dem Rohbau der künftigen Kaufhof-Galeria am Alexanderplatz für zehn Euro erwarb.

Rund 300 Berliner kauften gestern für diesen Preis jeweils ein Aluminium-Fassadenelement, in der Länge zum Trapez geknickt, das gut dreißig Jahre lang erst die Vorderfront des Centrum-Warenhauses schmückte, des größten Kauftempels der DDR, und nach der Wende den Kaufhof. Die meisten kamen aus dem Osten der Stadt. Sie wollten „ein Stück Historie“ erwerben, „ein bisschen Erinnerung“, so der 53-jährige Klaus Schilling. Schließlich habe ihn die unverwechselbare Waben-Fassade, „das Wahrzeichen des Alex“, durchs halbe Leben begleitet.

Dieses Interesse hatten die Kaufhof-Geschäftsführer geahnt. Deshalb luden sie gestern zum Verkaufsstand am Alex ein und ließen auf einer Bühne noch etliche von Berliner Schauspielern, Musikern und Profisportlern handsignierte Waben versteigern. Alles zum guten Zweck. Den Erlös bekommt die Kinderklinik Buch.

55 Euro war Harald Eberhardt aus Neuenhagen die Wabe mit den Autogrammen aller soeben zum Deutschen Eishockeymeister aufgestiegenen „Eisbären“ wert. Er hätte noch viel mehr geboten, doch die Auktion verlief zäh, der Mann mit dem Hammer begrüßte freudig jede Hand, die sich hob. So ging auch die Hertha BSC Wabe mit den Unterschriften der Mannschaft für nur 50 Euro weg, und die Namenszüge von Schauspieler Herbert Köfer, Dagmar Frederic oder Astrid Posner waren den Bietern gerade 25 Euro wert.

Von 1967-70 wurde das Centrum-Warenhaus am Alex gebaut. Damals galten die rund 4000 Wabenelemente an der Fassade als „Beispiel moderner DDR-Architektur“. Aber der Kaufhof ließ sie Ende 2004 abmontieren, „weil wir uns an der heutigen Moderne orientieren wollen“, so gestern ein Sprecher. Für 110 Millionen Euro wird das Kaufhaus nach und nach bei laufendem Betrieb völlig umgebaut. Zurzeit ist es zum Alex hin nackt, man sieht nur ein Gewirr aus Betonrippen. Doch bis 2006 soll alles fertig sein, auch die neue Fassade. Architekt Josef Paul Kleihues hat sie entworfen. Er setzt auf Natursteine und viel Glas. Durch riesige Fenster können die Kaufhof-Kunden das Treiben auf dem Alex beobachten.

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