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Berlin: Wachgerüttelt

Von Christian van Lessen Da stehen Leute vor einem Schuhgeschäft an der Wilmersdorfer Straße Schlange. Sie stehen auch im Laden, treppauf bis in die erste Etage, wo die Reihe an einer Bürotür endet.

Von Christian van Lessen

Da stehen Leute vor einem Schuhgeschäft an der Wilmersdorfer Straße Schlange. Sie stehen auch im Laden, treppauf bis in die erste Etage, wo die Reihe an einer Bürotür endet. Draußen fragen Passanten, ob es was umsonst gibt. Du meine Güte, sagen sie, als sie die Antwort hören. Sie schimpfen auf die Zeiten und wünschen viel Glück.

Einige schauen sich beim Vorbeigehen noch mal um, weil sie das alles nicht glauben können. Und viele scheren aus der Reihe wieder aus, weil sie das Warten nicht ertragen wollen – und das Gefühl haben, entwürdigt zu sein unter den Blicken der Passanten.

Das Schuhgeschäft hatte eine Anzeige aufgegeben, um Personal für eine neue Filiale zu suchen. 250 Bewerber hielten bis zu zwei, drei Stunden zum Bewerbungsgespräch durch. So etwas habe man noch nicht erlebt, berichtet das Schuhhaus. Viele seien vielleicht erst beim Anblick der Schlange über die Härte der Jobsuche wachgerüttelt worden. Das Bild hat sich den Passanten jedenfalls eingeprägt. Wie alte Fotos aus der Zeit der Weltwirtschaftskrise. Für 40 Bewerber, ist zu hören, hat sich das Warten auf der Wilmersdorfer Straße gelohnt.

Eine gute Nachricht. Vergessen wir kurz die anderen in der Berliner Warteschlange. Es sind nur knapp unter 300 000.

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