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Foto: Hendrik Schmidt/dpa

© dpa

Berlin: „Wadlbeißer“

Linken-Chef wirft CSU vor, mit Hetzparolen Neonazis zu Angriffen auf Parteibüros zu ermutigen

Von Matthias Meisner

Berlin - Sechs Wochen vor der Abgeordnetenhauswahl in Berlin schießt die CSU aus vollen Rohren gegen die Linkspartei und die rot-rote Koalition in der Hauptstadt. Der Generalsekretär der Partei, Alexander Dobrindt, forderte in der „Bild am Sonntag“ eine „verschärfte Beobachtung“ der Linken durch den Verfassungsschutz, „und wir müssen auf dieser Grundlage prüfen, ob gegen die Linke nicht ein Verbotsverfahren eingeleitet werden sollte“. Vom Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) verlangte der Unionsmann, er müsse „klipp und klar“ erklären, „dass er mit denen, die offen sagen, dass sie eine andere Republik wollen, nicht mehr regieren wird“.

Bei den Angegriffenen erntete Dobrindt nur Kopfschütteln. Senatssprecher Richard Meng sprach von „billiger Parteipolemik“ und „dummem Zeug“. Die Union solle sich lieber Gedanken machen, wie ein Verbotsverfahren gegen die NPD erfolgreich auf den Weg gebracht werden könne, sagte Meng.

Der Bundesvorsitzende der Linken, Klaus Ernst, wies dem CSU-Mann nach dessen Attacken gar eine Mitverantwortung von Gewalt gegen Parteibüros der Linken zu. Ernst sagte dem Tagesspiegel: „Immer wenn es schlecht um die Union steht, kommt ein Wadlbeißer von der CSU und fischt als Kreuzritter gegen die Linke am rechten Rand.“ Dobrindt täte gut daran, sich stärker nach rechts abzugrenzen. „Durch solche Hetzparolen entsteht ein Klima, in dem sich Rechtsradikale ermutigt fühlen, in Berlin und anderswo unsere Büros anzugreifen.“

Tatsächlich waren Einrichtungen der Linkspartei in den vergangenen Monaten verstärkt Ziel von Anschlägen geworden, nach einer Zusammenstellung der Linksfraktion im Bundestag gehen diese häufig auf das Konto von Rechtsextremen. In Berlin gab es in den vergangenen Monaten mehrere Angriffe auf das Treptower Wahlkreisbüro des Chefs der Bundestagsfraktion, Gregor Gysi, Scheiben wurden eingeworfen oder beschädigt, zuletzt am vergangenen Dienstag. Auch das Kreuzberger Büro der stellvertretenden Parteivorsitzenden Halina Wawzyniak wurde im Frühjahr attackiert. Deutschlandweit wurden von der Linken in den vergangenen Jahren mehr als 100 solcher Vorkommnisse registriert, die meisten in Sachsen, Nordrhein-Westfalen und Mecklenburg-Vorpommern.

Der Berliner Linken-Landesvorsitzende Klaus Lederer sagte dem Tagesspiegel, viele dieser Anschläge würden von organisierten Neonazis verübt. Ob diese Ratschläge von Dobrindt angenommen würden, wisse er nicht. Sicher allerdings sei, dass der CSU-Generalsekretär versuche, „den Kalten Krieg aufzuwärmen“. Seit zehn Jahren würden SPD und Linke in Berlin erfolgreich regieren.

In Anspielung auf Dobrindts Vorwurf, die Linken wollten eine andere Republik, entgegnete Lederer: „Eine andere Republik wollen CDU und FDP, eine kältere und asoziale.“ Dobrindts Einlassungen seien eine „bodenlose Dummheit“. Matthias Meisner

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