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Berlin: Wahl in den Bezirken (4): In der City West kann die CDU ihrer Macht nicht mehr sicher sein

In dem bisher CDU-dominierten westlichen Citybezirk ist ein Machtwechsel möglich. Die SPD bezeichnet ihre Spitzenkandidatin Monika Thiemen bereits als "Bezirksbürgermeisterin für Charlottenburg-Wilmersdorf" - sehr zum Verdruss der Christdemokraten, die den derzeitigen Rathaus-Chef Andreas Statzkowski stellen und den Sozialdemokraten einen "Etikettenschwindel" vorwerfen.

In dem bisher CDU-dominierten westlichen Citybezirk ist ein Machtwechsel möglich. Die SPD bezeichnet ihre Spitzenkandidatin Monika Thiemen bereits als "Bezirksbürgermeisterin für Charlottenburg-Wilmersdorf" - sehr zum Verdruss der Christdemokraten, die den derzeitigen Rathaus-Chef Andreas Statzkowski stellen und den Sozialdemokraten einen "Etikettenschwindel" vorwerfen. Allerdings hat die Vize-Bürgermeisterin und Finanzstadträtin Thiemen durchaus Chancen, an die Spitze des Bezirksamts aufzurücken. Die Grünen signalisieren ihre Unterstützung in einer Zählgemeinschaft. Außerdem wird die Bezirksfusion wahrscheinlich Auswirkungen auf die Mehrheitsverhältnisse haben. Grafik: Sitzverteilung in der gemeinsamen BVV Charlottenburg wurde in den vergangenen Jahren überwiegend Rot-Grün regiert, auch wenn die CDU zuletzt die Hälfte der BVV-Sitze innehatte. Wilmersdorf ist dagegen eine alte CDU-Hochburg. In einem Schmargendorfer Wahllokal gab es 1999 sogar einen stadtweiten Rekord: 71,8 Prozent der Wähler stimmten dort für die CDU. Insgesamt reichte das Wilmersdorfer Ergebnis für die absolute BVV-Mehrheit. Auch im Fusionsbezirk hätte die CDU fast mehr als die Hälfte der BVV-Sitze bekommen. Doch dann traten zwei Bezirksverordnete aus der Partei aus und spielten bei Abstimmungen oft das Zünglein an der Waage.

Die Fusion der dicht besiedelten Bezirke ist fast abgeschlossen. Für die Bürger zeigte sie sich im Wesentlichen nur an Ämterumzügen (und an einem wochenlangen Chaos in der neuen Telefonzentrale). Diskutiert wird noch über die Gliederung in Ortsteile. Neben Charlottenburg, Wilmersdorf, Schmargendorf und Grunewald sollen Westend und Charlottenburg-Nord hinzukommen; die SPD schlägt zusätzlich die Ortsteile Eichkamp, Halensee und Ruhleben vor. Beim neuen Wappen ist das westliche Zentrum Berlins der Vorreiter unter den Großbezirken: Das aus den beiden alten Wappen entwickelte Motiv wurde gerade vom Senat anerkannt. In Charlottenburg gibt es nach wie vor mehr soziale Probleme als in Wilmersdorf, doch es überwiegen die Gemeinsamkeiten. So verlief mit dem Kurfürstendamm schon vor der Fusion eine Achse durch beide Bezirke. Alle Parteien haben sich die Aufwertung des Boulevards vorgenommen. So sollen der Joachimstaler Platz und der George-Grosz-Platz umgebaut und die Händler stärker unterstützt werden.

Deutlicher zeigen sich Meinungsverschiedenheiten bei den Bauprojekten am Stuttgarter Platz. Erst kritisierten nur die Grünen die Hochhauspläne der Firma Trigon und die Verlagerung des S-Bahnhofs Charlottenburg. In diesem Jahr schwenkte aber auch die SPD auf Druck der Bürgerinitiative um und sprach sich gegen die Vorhaben aus. Die zwei PDS-Verordneten und der FDP-Politiker Jürgen Dittberner schlossen sich an; inzwischen ist zumindest das Hochhausprojekt gestoppt. Nur die CDU hielt an beiden Bauvorhaben fest und beschränkte sich auf Kritik an einzelnen Punkten - trotz des Risikos, rund um den Stuttgarter Platz zahlreiche Wähler gegen sich aufzubringen.

Ansonsten führen die BVV-Fraktionen ihre Auseinandersetzung nicht zuletzt mit Affären-Vorwürfen. Die Christdemokraten machten Charlottenburgs Ex-Bürgermeisterin Monika Wissel (SPD) politisch dafür verantwortlich, dass im Standesamt mehrere tausend Testamente nicht ins Register eingetragen worden waren. Außerdem musste sich Ex-Sozialstadtrat Udo Maier (SPD) für den hohen Leerstand in Charlottenburger Seniorenwohnhäusern rechtfertigen. In beiden Fällen sollen einzelne Beamte überfordert oder überlastet gewesen sein. SPD und Grüne warfen dem CDU-Bürgermeister Statzkowski einen Skandal vor: Unter seiner politischen Zuständigkeit hatte das Charlottenburger Jugendamt einer Firma die Reinigung von Kitas übertragen, ohne die Millionenaufträge auszuschreiben; es gab nicht einmal schriftliche Aufträge. Die Untersuchung dieser Vorgänge dauert noch an.

Auf Stimmenzuwächse hoffen nicht zuletzt die PDS und die FDP. Bei den BVV-Wahlen 1999 hatten sie nur 3,5 beziehungsweise 3,4 Prozent erhalten und stellen deshalb bisher nur Einzelverordnete. Mit drei oder mehr Sitzen in der BVV bekämen sie endlich den gewünschten Fraktionsstatus. Sie könnten dann auch einer Zählgemeinschaft zur Bürgermeisterwahl beitreten.

Für die Spitzen des Bezirksamts haben die Parteien ihre jeweiligen Dezernenten erneut nominiert. Die SPD setzt, abgesehen von Spitzenkandidatin Thiemen, auf Jugendstadtrat Reinhard Naumann. Die CDU schickt neben Bürgermeister Statzkowski auch wieder Wirtschaftsstadtrat Klaus-Dieter Gröhler und Baustadtrat Alexander Straßmeir ins Rennen. Die Grünen machten Sozialstadträtin Martina Schmiedhofer zur Spitzenkandidatin. Als Bürgermeisterin kandidiert sie aber nicht. Das letzte Wahlergebnis der bezirklichen Grünen (15,5 Prozent) legt eine solche Führungsrolle nicht nahe.

Was die Bezirkspolitiker aller Fraktionen immer wieder ärgert, ist ihr fehlendes Mitspracherecht bei großen Bauprojekten. So wurde der Gebäuderiegel des Neuen Kranzler-Ecks am Kurfürstendamm gegen den Willen der BVV errichtet, auch die Genehmigung für das geplante Zoofenster-Hochhaus zwischen Kant- und Joachimstaler Straße stammt vom Senat. Zuletzt wurde das Verfahren für die vorgesehenen Neubauten in der Messe-Umgebung dem Bezirk entzogen.

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