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Noch knapp vier Wochen bis zur Entscheidung. Bei den Wahlen zu den Bezirksverordnetenversammlungen dürfen fast 2,7 Millionen Berliner ihre Stimme abgeben.

© Thilo Rückeis

Wahlen auf Bezirksebene: Berlin sucht zwölf Bürgermeister

In einigen Vierteln bahnen sich spannende Duelle und Dreikämpfe zwischen den Parteien an. Informieren Sie sich auf unserer interaktiven Grafik.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Wie wird am 18. September in den zwölf Bezirken gewählt? Welche Bürgermeister kommen und gehen, welche Parteien bestimmen die Kommunalpolitik in Berlin nach der Wahl maßgeblich mit? Es sieht so aus, als wenn die Wahlen zu den Bezirksverordnetenversammlungen (BVV) in einigen Stadtregionen spannend werden. Nämlich dort, wo sich zwei oder drei Parteien ein enges Rennen um die Bürgermeisterposten liefern. Wer momentan wo die Nase vorn hat, sagt eine Prognose des Wahlinformationsdienstes election.de im Auftrag des Tagesspiegel.

In Mitte dürfte die SPD ihre Stellung als stärkste Partei verteidigen, auch wenn die Grünen im Vergleich zu 2006 stärker werden. Der Sozialdemokrat Christian Hanke, der seit fünf Jahren Bezirksbürgermeister ist, hat demnach gute Karten, sein Amt zu behalten. Es sei denn, die Grünen-Kandidatin und Ex-Bundesministerin Andrea Fischer fände mit Unterstützung anderer Parteien eine Mehrheit, um von der BVV ins Amt gewählt zu werden.

In Friedrichshain-Kreuzberg ist die starke Position der Grünen kaum angreifbar. Sie lagen dort mit ihrem Kandidaten Franz Schulz schon bei der BVV-Wahl 2006 vorn. Schulz leitete vor der Bezirksfusion 1996 bis 2000 das Bezirksamt Kreuzberg und ist im Ost-West-Bezirk seit fünf Jahren Bürgermeister. Der SPD-Spitzenkandidat Jan Stöß liegt deutlich abgeschlagen auf Platz zwei.

In Pankow sieht es so aus, als wenn der sozialdemokratische Amtsinhaber Matthias Köhne ebenfalls nicht zu verdrängen ist. Er ist seit 2006 Bezirksbürgermeister. Zwar legen in Pankow auch die Grünen mit ihrem Kandidaten Jens-Holger Kirchner zu und haben gute Chancen, die Linke zu überholen. Aber es dürfte laut Prognose nicht reichen, um bei der BVV-Wahl ganz vorn zu landen.

In Charlottenburg-Wilmersdorf bahnt sich ein Wettlauf zwischen den bezirklichen Spitzenkandidaten von SPD, CDU und Grünen an. Aktuell sieht election.de den SPD-Mann Reinhard Naumann mit leichtem Vorsprung vor dem CDU-Konkurrenten Klaus-Dieter Gröhler und der Grünen-Politikerin Elfi Jantzen. Die bisherige Bürgermeisterin Monika Thiemen (SPD) tritt nicht mehr an.

In Spandau setzt sich offensichtlich der traditionelle Zweikampf zwischen Christ- und Sozialdemokraten um den Bürgermeisterposten fort. Der Amtsinhaber Konrad Birkholz (CDU) geht in den Ruhestand. Sein Parteifreund und möglicher Nachfolger Carsten-Michael Röding liegt derzeit knapp vor dem SPD-Herausforderer Helmut Kleebank.

In Steglitz-Zehlendorf will der CDU-Politiker Norbert Kopp (CDU), Bürgermeister seit fünf Jahren, im Amt bleiben. Aber die SPD-Kandidatin Barbara Loth ist ihm auf den Fersen und auch die Grünen, die mit Christa Markl-Vieto antreten, rücken heran. Entscheidend für die Besetzung des Bürgermeisterpostens wird sein, ob sich eine schwarz-grüne oder eine rot-grüne Mehrheit in der BVV findet.

In Tempelhof-Schöneberg bahnt sich ebenfalls ein olympischer Dreikampf an. Die Meinungsforscher sehen zurzeit die SPD-Kandidatin Angelika Schöttler knapp vorn, gefolgt vom Christdemokraten Bernd Krömer und der Grünen-Frau Sibyll Klotz. Der Bezirksbürgermeister Ekkehard Band (SPD), der seit 2001 im Amt ist, geht in den Ruhestand.

In Neukölln sieht es ganz so aus, als ob der prominente Bürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD) den Wahlsieg von 2006 wiederholen kann. Er war schon 1991/92 Bezirksbürgermeister, und dann wieder seit 2001. Die CDU wird mit ihrem Spitzenkandidaten Michael Büge voraussichtlich auf dem zweiten Rang landen, alle anderen Parteien bleiben wohl weit zurück.

In Treptow-Köpenick hat die SPD gute Chancen, mit ihrem Kandidaten Oliver Igel die 2006 von der Linken übernommene Führung im Bezirk zu verteidigen. Die Bürgermeisterin Gabriele Schöttler (SPD) tritt nicht mehr an. Voraussichtlich wird die Linken-Kandidatin Ines Feierabend auf dem zweiten Platz landen, weit vor den anderen Parteien.

In Marzahn-Hellersdorf hat die Bezirksbürgermeisterin Dagmar Pohle (Linke) gute Chancen, ihr Amt zu behalten, das sie bei der Wahl 2006 erobern konnte. Auch wenn die SPD mit ihrem Kandidaten Stefan Komoß näher heranrücken wird. Grüne und CDU spielen in dem Bezirk, der nach wie vor eine Hochburg der Linken ist, keine Rolle.

In Lichtenberg kann die SPD mit ihrem bezirklichen Spitzenkandidaten Andreas Geisel voraussichtlich ebenfalls Punkte gutmachen. Doch die Kandidatin der Linken, Christina Emmrich, die seit 2002 im Amt ist, wird mit großer Wahrscheinlichkeit Bürgermeisterin bleiben. Auch in Lichtenberg spielen CDU und Grüne nur eine politische Nebenrolle.

In Reinickendorf sind die Verhältnisse laut Prognose ebenfalls klar. Der Bezirksbürgermeister Frank Balzer (CDU) wird aller Voraussicht nach im Amt bleiben. Die SPD liegt mit ihrem Kandidaten Andreas Höhne weit zurück. Grüne und Linke werden von den Wählern im Berliner Norden kaum wahrgenommen.

Bei der Rundschau über alle zwölf Bezirke fällt auf, dass es auch auf kommunaler Ebene – und nicht nur für den Regierenden Bürgermeister – offenbar einen Amtsbonus gibt. Denn in allen Bezirken liegen nach der Prognose von election.de die Parteien vorn, die jeweils seit 2006 den Bürgermeister stellen. Wer tatsächlich ganz oben auf dem Treppchen landet, entscheiden aber nicht die Meinungsforscher, sondern in vier Wochen die Berliner Wähler. Und anschließend muss jeder, der Bezirksbürgermeister werden will, für sich eine Mehrheit finden. Für diese Wahl in der Bezirksverordnetenversammlung dürfen die BVV-Fraktionen sogenannte Zählgemeinschaften („Koalitionen auf Zeit“) bilden. Dagegen werden die Stadtratposten nach Proporz verteilt, also entsprechend dem Stärkeverhältnis der Fraktionen in den Bezirksverordnetenversammlungen.

Die Meinungsforscher von election.de machen nicht nur Umfragen, sondern erarbeiten Wahlanalysen für Presse, Hörfunk und Fernsehen, für Parteien und Kandidaten. Grundlage ist ein sogenanntes Projektionsverfahren, das neben der klassischen Sonntagsfrage auch lokale Trends, demographische Daten und langfristiges Wahlverhalten einbezieht. Die Trefferquote des Instituts bei den regionalen Vorhersagen liegt meistens bei über 90 Prozent.

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