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Streitgespräch beim Tagesspiegel: Klaus Lederer (l.) von der Linkspartei und Georg Pazderski von der AfD.

© Mike Wolff

Wahlkampf in Berlin: Die Linke positioniert sich als neue Anti-AfD

Streitgespräch beim Tagesspiegel: Der Berliner Linken-Chef Lederer wirft der AfD völkischen Nationalismus vor. Deren Spitzenkandidat Pazderski beklagt, die Sorgen der Bürger wegen der Einwanderung würden verschwiegen.

Sie gelten als politische Antipoden, und dennoch haben beide Parteien mehr gemeinsam, als ihnen wohl lieb ist – zumindest manche Protestwählergruppe. In der Flüchtlingspolitik trennen die Linke und die Alternative für Deutschland (AfD) allerdings Welten und Werte. „Die AfD setzt den Herausforderungen nichts als Angst entgegen“, kritisiert der Berliner Linke-Chef Klaus Lederer. „Wir schüren keinen Rassismus, wir sprechen Missstände an“, antwortet darauf Berlins AfD-Spitzenkandidat Georg Pazderski. Beide trafen in dieser Woche erstmals im beginnenden Wahlkampf aufeinander – in einem hitzigen Streitgespräch in der Tagesspiegel-Redaktion.

Konkurrenten um die Stimmen

Klar ist: Die Linke positioniert sich für die Wahl zum Abgeordnetenhaus – die bisher für den 18. September geplant ist – als Gegenspieler zur rechtspopulistischen Partei, die bei mehreren Landtagswahlen aus der außerparlamentarischen Opposition heraus mit zweistelligen Ergebnissen triumphierte. „Wer rassistische Ressentiments schürt, wird eher AfD wählen“, sagte Lederer. „Wenn uns unsere Haltung zwei Prozent der Stimmen kostet, kann ich damit leben.

So klar hatte sich bisher kein Spitzenpolitiker der Partei geäußert, die etwa in Sachsen-Anhalt viele Stimmen von Arbeitern und Erwerbslosen an die neue Konkurrenz verloren hatte – noch dazu in einem direkten öffentlichen Duell. Fraktionschefin Sahra Wagenknecht hatte zuletzt versucht, auf die Sorgen der einfachen Leute anders einzugehen – etwa mit ihrer Bemerkung, nicht alle Flüchtlinge könnten nach Deutschland kommen. Linke Aktivisten hatten sie daraufhin auf dem Bundesparteitag mit einer Torte beworfen.

"Die Linke hat versagt"

Pazderski beklagte, dass Sorgen zur Einwanderung verschwiegen würden: „Es gibt ein Riesenproblem – und die Linke hat zugeschaut, das ist massives Oppositionsversagen.“ Der AfD-Politiker forderte, dass Flüchtlingen in Deutschland nur genauso viel Hilfe zustehe wie in Griechenland. „Und wer keinen Aufenthaltstitel bekommt, muss ausgewiesen werden.“ Auf Vorwürfe, Berliner AfD-Vertreter propagierten die Einrichtung von Lagern für Flüchtlinge, die einer „modernen Form des Konzentrationslagers“ gleichkämen (Lederer), reagierte Pazderski auch auf Nachfrage nicht. Lederer warf führenden AfD-Politikern eine „völkisch-nationalistische Abgrenzung“ vor.

Beide wollen einen starken Rechtsstaat

Einig waren sich beide Kontrahenten in dem Ziel, die Berliner Polizei besser auszustatten, auch um Parallelgesellschaften arabischer Clans zu verhindern. „Unser Staat muss sich das Gewaltmonopol zurückholen“, forderte Pazderski. Auch Lederer verlangte, dass sich der Rechtsstaat durchsetzen müsse. Er benannte außerdem die soziale Spaltung der Stadt als Ursache für Gewalt; diese Spaltung werde durch das dreigliedrige Schulsystem verfestigt. „Die Elitenkinder gehen aufs Gymnasium, für die Kinder von unten gibt es die Restschule“, beklagte Lederer und forderte Gemeinschaftsschulen. Pazderski sprach sich gegen „Experimente“ in der Bildung aus und postulierte stattdessen „eine Bringschuld von Einwanderern“ bei der Integration.

Nach letzten Umfragen kann die AfD auch in Berlin auf bis zu 15 Prozent der Stimmen hoffen. Die Linke rechnet sich bei einem ähnlichen Stimmenanteil eine mögliche Regierungsbeteiligung in einer rot-rot-grünen Koalition aus. Die Regierungsparteien SPD und CDU verloren in Umfragen zuletzt an Zustimmung. Als Herausforderer kamen die Grünen auf. Diese waren von Spitzenkandidatin Ramona Pop im Frühjahr als „Anti-AfD“ bezeichnet worden. Nun kommt eine weitere Partei hinzu, die sich so positioniert.

Das komplette Streitgespräch lesen Sie am heutigen Sonntag im gedruckten Tagesspiegel oder im E-Paper.

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