zum Hauptinhalt
Der Vorplatz am U-Bahnhof Tegel - Alt Tegel - in Berlin-Reinickendorf.

© Kitty Kleist-Heinrich

Wahlkreisserie zur Bundestagswahl: Reinickendorf macht keine Experimente

In Reinickendorf ist die CDU stark – das war nicht immer so. Bis 2005 war der Wahlkreis fest in der Hand der SPD. Doch es sieht nicht nach Wechselstimmung aus.

Eigentlich gibt es „den“ Bezirk Reinickendorf nicht. Er ist ein Kunstprodukt der Verwaltungsreform aus der Zeit, als die Großstadt Berlin gebildet wurde. Es gibt das alte Dorf gleichen Namens, von dem noch die Kirche und der Dorfanger und einige alte Häuser erhalten geblieben sind, das sich aber gewaltig ausgedehnt hat.

Außerdem sind da noch zehn weitere Ortsteile von völlig unterschiedlicher Sozialstruktur und Geschichte. Heiligensee, Wittenau und Lübars haben das dörfliche des Ortskerns bis heute liebevoll konserviert. Frohnau entstand als Siedlung im englischen Landhausstil zu Beginn des 19. Jahrhunderts, ähnlich entwickelte sich auch Waidmannslust. Eine Sonderstellung nimmt das Märkische Viertel ein, die von den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts an aus dem Boden gestampfte Großsiedlung mit all den sozialen Problemen, die solche künstlich geschaffenen Menschenagglomerate an sich haben.

Wahlkreis Reinickendorf. Für eine vollständige Darstellung klicken Sie auf das rote Kreuz.
Wahlkreis Reinickendorf. Für eine vollständige Darstellung klicken Sie auf das rote Kreuz.

© Tsp

Mit 260 000 Einwohnern, darunter 16 Prozent Ausländern, hat Reinickendorf unter den zwölf Berliner Bezirken eine mittlere Größe. Die Arbeitslosenquote beträgt 12,8 Prozent, das durchschnittliche monatliche Haushaltsnettoeinkommen liegt bei 1850 Euro und damit mehr als 100 Euro höher als im Berliner Durchschnitt. 25 000 Haushalte verfügen über mehr als 3200 Euro im Monat.

Es gibt im Bezirk ein deutliches Wohlstandsgefälle vom wohlhabenden Frohnau im Norden bis zum oft Not leidenden Märkischen Viertel im Südosten und den Siedlungsgebieten von Reinickendorf-Ost und Reinickendorf-West. Die Menschen hier leiden am meisten unter dem Flughafen Tegel und dem Lärm der startenden und landenden Maschinen. Man könnte meinen, dass die nun alle den Moment der Schließung von Tegel herbeisehnen. Aber dem ist nicht so – die Sorge, dass der Schließung Tegels eine Gentrifizierungs- und Mieterhöhungswelle folgt, ist massiv.

Direkt hängen 10 000 Arbeitsplätze an diesem Flughafen, indirekt weitere 10 000 in Zulieferfirmen und Dienstleistern. Diese Menschen wohnen nicht alle in Reinickendorf, aber zu einem hohen Prozentsatz. Deshalb setzt der Bezirk, allen voran Bürgermeister Frank Balzer (CDU), auch so stark auf die Umwandlung des dann ehemaligen Flughafengeländes in ein großes Areal für Firmenneugründungen und die innovativen Unternehmen, die sich dort im Rahmen der „Urban Tech Republic“ ansiedeln könnten.

Welches Duell wird spannend?

Ein spannendes Duell um das Direktmandat ist in Reinickendorf nicht zu erwarten. Frank Steffel, CDU, holte den Wahlkreis erstmals 2009 und dann wieder 2013, sogar mit dem besten Erststimmenergebnis Berlins. Auch 2017 trauen ihm Civey und andere Meinungsforscher einen sicheren Vorsprung vor dem sozialdemokratischen Bewerber, Thorsten Karge, zu.

Hat man hier überhaupt eine Wahl?

Historisch betrachtet, ist Reinickendorf keine Bank für die CDU. 1998, 2002 und 2005 gewann der Sozialdemokrat Detlef Dzembritzki das Direktmandat. Er war zuvor, von 1989 bis 1995, Bezirksbürgermeister gewesen und profitierte von seinem hohen Bekanntheitsgrad. Bei der geschilderten, unterschiedlichen Sozialstruktur des Bezirks ist es durchaus möglich, dass sich das Wählerverhalten hier einer verbreiteten Wechselstimmung anschließen würde – aber diese Wechselstimmung ist allen Umfragen zufolge nicht erkennbar.

Bezirksstatistik Reinickendorf.
Bezirksstatistik Reinickendorf.

© Tsp

Was war das Skurrilste im Wahlkampf?

Das Skurrilste aus dem Wahlkampf war ein Empfehlungsbrief der CDU-Bundesvorsitzenden Angela Merkel zur Wahl Frank Steffels, von dem Merkel nichts wusste – er war von der Werbeagentur der CDU zusammengestoppelt und erst im Nachhinein vom Adenauer-Haus abgesegnet worden.

Zur Startseite