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Berlin: Wandertag in die Fun-Welt

Die Jugendmesse „You“ in den Messehallen bietet viel Spaß – und auch ein wenig Beratung

Es heißt, die Jugend sei nachdenklicher geworden, verantwortungsbewusster und sogar religiöser. Die letzte große Jugendmesse war die mit Papst Benedikt in Köln. Diesmal ist Jugendsenator Klaus Böger der Schirmherr. Es ist „Europas größte Jugendmesse“. Noch bis Sonntag läuft die „You“ in den Messehallen.

Das mit der Nachdenklichkeit ist schwierig zu beurteilen. Es ist sehr laut auf der Messe. Dann gibt es viele Bildschirme mit Computerspielen oder Videoclipschnipseln. Nokia hat eine halbe Halle voll gestellt mit Snowboardsprunganlage plus Wasserbecken plus Skateboardbahn. Vattenfall, der Energiekonzern, verprasst seinen Strom mit einem großen Autoscooter. Die Dresdner Bank hat einen Formel-1-Simulator aufgestellt, Coca-Cola einen riesigen Kühlschrank, in dem Klingeltöne heruntergeladen werden können, die City-BKK einen Hochseilgarten.

„MAA“, sei das Motto der „You“, sagte Messedirektor Ralf Kleinhenz zur Eröffnung. „Mitmachen, Anfassen, Ausprobieren.“ Schirmherr Böger sagte: „Hallo, guten Tag, liebe Kids. Ich glaube, heute morgen ist keiner mehr in den Berliner Schulen. Ist ja auch eine nette Abwechslung. Jugendliche haben ein Recht auf Spaß, Spiel, Freunde, Unterhaltung. Das ist wunderbar.“ Möglichen Kritikern hielt Böger dann noch entgegen, es gebe auf der Messe ja auch viele Infos über Ausbildung und Berufe.

Das stimmt. Die Bundeswehr stellt sich vor. Auch die BSR und ein paar Hochschulen zeigen, was es so zu tun gibt für Jugendliche. Die Polizei testet das Wissen über die Strafbarkeit von Graffiti an Hauswänden. Wer den Testbogen richtig ausfüllt, bekommt eine Frisbeescheibe und Kondome. Überhaupt wird viel geschrieben auf der Messe. Vor allem Adresskärtchen für Gewinnspiele. Die AOK verlost einen „Winter-Fun-Trip“. Nebenbei gibt’s Winter-Handschuhe und Kondome als Geschenk. Und was springt für die AOK dabei heraus? „Adressen“, sagt der Standmitarbeiter. „Ich finde, wir machen das immer noch seriöser als die anderen.“ Der Cremefabrikant Bebe lädt „alle Mädels ab 14“ zum Casting-Foto vor eine Palmenstrandkulisse. Das Bebe-Standteam – allesamt Mädels in rosa Jäckchen und weißen Röckchen – möchte „ein wenig Urlaubs-Atmosphäre generieren für unser neues Produkt: Holiday-Skin“.

Die Neuntklässler Diana und Anja aus Königs Wusterhausen sitzen am Stand von Viva und ruhen sich aus. Warum seid ihr hier? „Wir müssen hier sein. Exkursion.“ Die Messe sei aber ganz okay. Lisa, Tobias und Andreas aus Alsleben/Saale wirken dagegen ein bisschen genervt. „Wir hatten die Wahl zwischen Weimar und der You“. Da habe man sich eben für das kleinere Übel entschieden. Hauptsache keine Schule. Für die Lehrer, die den Lärm und das Geschiebe satt haben, gibt es die „Lehrerlounge“ mit Vorträgen über digitale Unterrichtsmedien oder zum Thema „Kultur im Lehrplan? 3 Musketiere oder Blue Man Group in Berlin.“

Zum Themenfeld Verantwortung und Religion gibt es immerhin kleine Nischen auf der Messe. Der Verein „Alfa – Aktion Lebensrecht für alle“ wirbt mit Fotokalendern für das ungeborene Leben. Die Mitarbeiter fühlen sich etwas verloren. „Erschreckend inhaltslos“ sei es hier.

Die „evangelische Jugend“ hat sich dagegen schon eingelebt auf der „You“. Man nennt sich deshalb „eFUNgelische Jugend“ und bietet lustige Schnappschüsse an. Bedingung ist, dass die Jugendlichen ein Schild in die Kamera halten. Da steht drauf „Ich bin ein Geschenk Gottes“ oder „Die Würde des Menschen ist unantastbar“. Christian, Florian und Jonas, 16 Jahre alt, haben ein Foto gemacht, „als Erinnerung für die Kumpels“. Und was ist mit Gott? „Ick gloob an nüscht“, sagt Jonas und alle grinsen.

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