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Streikbereit. Erzieherinnen und Lehrer sind ebenfalls beim Warnstreik dabei. Es beteiligen sich auch Beschäftigte unter anderem aus den Ämtern, der Polizei und der Jobcenter.

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Warnstreik in Berlin: Wir sind dann mal weg

Ämter, Kitas, Schulen: In Berlin wird am Mittwoch gestreikt. Doch wer sind die Streikenden und was bewegt sie? Vier Gewerkschafter erzählen, warum sie sich dem Streik anschließen.

In den Bezirksämtern, Kitas, Schulen und selbst in den städtischen Schwimmbädern muss man am heutigen Mittwoch mit Einschränkungen rechnen. Die Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes haben in Berlin flächendeckend zu einem ganztägigen Warnstreik aufgerufen. Auch Polizeiangestellte und Mitarbeiter der Feuerwehrwerkstätten werden sich beteiligen. Autofahrer müssen sich am Vormittag auf Verkehrsbehinderungen einstellen, da einige Demonstrationszüge zum Alexanderplatz führen. Einige der Berliner Streikenden werden am Nachmittag in Potsdam erwartet, wo ebenfalls eine Kundgebung geplant ist. Die Brandenburger Gewerkschaften rechnen damit, dass 10 000 Menschen zu der Demonstration kommen.

Michael Mewis
Michael Mewis

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Am Donnerstag werden in Potsdam die Tarifverhandlungen für die Arbeiter und Angestellten in den Bundesländern fortgesetzt. Tarifexperten rechnen mit einer Einigung bis zum Wochenende. Die Gewerkschaften fordern Einkommensverbesserungen in Höhe von 6,5 Prozent, außerdem wollen sie verbindliche Regelungen für die Übernahme von Auszubildenden erreichen. Sie lehnen zudem die von den Arbeitgebern geplanten Einschnitte beim Urlaub ab.

Birgit Häusler
Birgit Häusler

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MICHAEL MEWIS, 54, ERZIEHER

„Ich wünsche mir einfach mehr Anerkennung durch Lohn“, sagt Michael Mewis. Der 54-Jährige arbeitet als Erzieher an einer Grundschule in der Köllnischen Heide. Der Senat vertrete wohl die Ansicht, Erziehung sei nichts Besonderes, denn das könne jede Mutter. „Dabei sind wir Eltern, Krankenpfleger und Lehrer zugleich“, meint er. 1600 Euro brutto als Einstiegsgehalt seien zu wenig. Bei dieser Bezahlung sei es kein Wunder, dass es kaum Nachwuchs gebe. Dabei sei das Grundproblem doch gerade der Personalmangel. Aufgaben wie Betreuung im Unterricht sowie Ämtergänge für bedürftige Kinder und deren Eltern führe die Erzieher an die Belastungsgrenze. Die pädagogische Arbeit bleibe auf der Strecke.

David Skillen
David Skillen

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BIRGIT HÄUSLER, 47, SOZIALARBEITERIN

Zwölf-Stunden-Arbeitstage sind für sie keine Seltenheit, sagt Birgit Häusler. Die Sozialarbeiterin arbeitete lange bei den Sozialen Diensten in der Kinder und Jugendarbeit, in der Wohnungslosen- und Haftentlassenenhilfe sowie mit behinderten Menschen. Zurzeit ist sie im Bezirksamt Mitte angestellt. Die gute Arbeit müsse ordentlich bezahlt werden. Der Abstand zum Gehalt Angestellter des Bundes betrage zurzeit 2,3 Prozent. Das müsse angenähert werden. Durch den Personalmangel werde die Situation zusätzlich verschärft, sagt Häusler. „Wenn Sie einen Kinderschutzfall haben, können Sie nicht einfach den Bleistift fallen lassen und nach Hause gehen“, sagt sie. Die Belastung sei enorm: „Die Menschen brennen aus.“ Der Urlaub dürfe deshalb keinesfalls zusammengestrichen werden.

Lutz Fußangel
Lutz Fußangel

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DAVID SKILLEN, 54, WERKSTATTMEISTER 

Eigentlich sei die Stimmung in der Truppe gut, erzählt David Skillen. Er und seine Kollegen werden trotzdem in Streik treten. Normalerweise übernimmt er die Wartung der Einsatzfahrzeuge der Feuerwehr. Mit den Kollegen war man sich schnell einig, dass nur 50 Prozent der 60-köpfigen Belegschaft streiken, um keine Einsätze zu gefährden. Mehr Geld wollen sie dennoch. „Wenn man sich anschaut, was das Wartungspersonal an Flughäfen fordert, sind unsere 6,5 Prozent noch moderat“, sagt Skillen. Der Beruf würde dadurch zudem für junge Menschen viel attraktiver. Der Altersdurchschnitt sei im Moment zu hoch. Das Team sei außerdem unterbesetzt. Der Senat verbiete derzeit, Fachkräfte wie Klempner und Mechatroniker von außen einzustellen. Auch in diesem Punkt erhofft Skillen sich durch den Streik Bewegung.

LUTZ FUSSANGEL, 42, MUSIKLEHRER

„Ich will mich auf meine Kollegen verlassen können“, sagt Lutz Fußangel. Er streikt vor allem, damit die Mitarbeiter an den Musikschulen feste Angestelltenverträge bekommen. „Bisher arbeiten wir zu 90 Prozent mit Honorarkräften“, sagt er. Doch das erschwere die langfristige Zusammenarbeit bei Projekten wie Konzerten und Veranstaltungen. Fußangel selbst arbeitet als Bereichsleiter Jazz-Rock-Pop mit Schwerpunkt Schlagzeug an der Musikschule Tempelhof-Schöneberg. Auch Schüler „sollten darauf vertrauen können, dass ihr Lehrer im nächsten Jahr noch da ist“, sagt Fußangel. Für die vielen Honorarkräfte an den Musikschulen gebe es bisher keine soziale Sicherheit, kein Arbeitslosen- und kein Krankengeld.

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