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Berlin: Warten auf die Abschiebung

Familie Aydin hat elf Kinder und soll ausreisen, fordert der Innensenator Mitschüler, Lehrer, Elternvertreter und Parlamentarier kämpfen für sie

„Wie geht es denn jetzt weiter mit Hayriye und ihrer Familie?“, fragt ihre Mitschülerin, die 16-jährige Cagla von der Eberhard-Klein-Oberschule in Kreuzberg mit ängstlichem Gesichtsausdruck. Doch die Frage nach dem Schicksal der kurdischen Familie Aydin ist nicht leicht zu beantworten. Innensenator Ehrhart Körting (SPD) will die Eltern mit vier ihrer elf Kindern ausweisen. Ihre Duldung lief gestern aus. Der Innensenator beharrte gestern im Gespräch mit dem Tagesspiegel auf der Ausreise – aus grundsätzlichen Überlegungen. Auf den konkreten Fall wollte er nicht eingehen.

Bei einer Abschiebung würde die ganze Familie auseinander gerissen. Denn drei der Kinder dürfen noch in Berlin bleiben, um ihre Ausbildung zu beenden: die 17-jährige Hayriye und ihre Schwestern Nazliye (15) und Meryem (19). „Das wäre eine unmögliche Situation – gerade für Mädchen aus einer kurdischen Familie“, sagt Pater Klaus Mertes, Mitglied der Härtefallkommission, die sich für die Aydins einsetzt. Vier ältere Kinder haben eine eigenständige Aufenthaltsgenehmigung.

Die Familie lebt seit 17 Jahren in der Stadt; die jüngeren Kinder können kein Türkisch und nur wenig Kurdisch; zu Hause wird zumeist Deutsch gesprochen. „Man muss doch Hayriye eine Chance geben, ihre Ausbildung zu beenden und trotzdem mit ihrer Familie zusammenzubleiben“, sagt die Mitschülerin Cagla. In ihrer Klasse haben die Schüler Aufsätze über das Thema geschrieben und Briefe an mehrere Abgeordnete. Die Abgeordneten Rainer-Michael Lehmann (FDP) und Thomas Kleineidam (SPD) – beide Mitglied des Migrations- und Sozialausschusses – wollen sich für die Aydins einsetzen. Gestern trafen sie in der Eberhard-Klein-Schule die Eltern, einige Lehrer und Elternvertreter. Anwesend waren auch Pädagogen und Elternvertreter der Thalia-Grundschule in Friedrichshain, wo die jüngste Tochter, die sechsjährige Gülbahar, in die erste Klasse geht. „Ich habe einen positiven Eindruck von der Familie“, sagte der SPD-Abgeordnete Kleineidam nach dem Treffen.

Auch die Elternvertreterin von Gülbahars Klasse, Svenja Pelzel, hat schon versucht, Senator Körting umzustimmen – gemeinsam mit anderen Eltern und Lehrern. Sie wollen auf jeden Fall weiter kämpfen. Derzeit sei außerdem ein Brief an die Kreuzberger Bezirksbürgermeisterin Cornelia Reinauer in Arbeit. Als letztes Mittel will man sich an den Petitionsausschuss des Abgeordnetenhauses wenden. Mehr als 500 Unterschriften haben die Unterstützer bereits gesammelt – an den Schulen, aber auch in den Geschäften im Umfeld der Wohnung der Familie. „Wenn alles nichts hilft, müssen wir uns noch etwas anderes ausdenken“, sagen Hayriyes Mitschülerinnen Cagla und Fatma. Elternvertreterin Svenja Pelzel hat schon eine Idee: „Im Notfall veranstalten wir eine große Demonstration.“

Wie es weiter geht mit der Familie, wird sich heute erweisen. Die Aydins wollen zur Ausländerbehörde gehen, um ihre Duldung zu verlängern. Möglich ist, dass sie nicht wieder nach Hause gehen dürfen.

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