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Berlin: Warten auf Schröders Lächeln

700 Menschen haben sich bei Buchhändler Dussmann angestellt, um ihren Lieblingskanzler zu sehen. Es sind keine Hartz-IV-Empfänger, dem Anschein nach.

700 Menschen haben sich bei Buchhändler Dussmann angestellt, um ihren Lieblingskanzler zu sehen. Es sind keine Hartz-IV-Empfänger, dem Anschein nach. Eine IT–Fachfrau aus Hamburg ist gekommen, ein Psychiater aus Berlin und jemand aus der Bundestagsverwaltung. 500 „Entscheidungen“-Wälzer hat Schröders Fangemeinde innerhalb weniger Stunden gekauft, um sie anschließend vom Autor signieren zu lassen. Die Dussmann-Leute schauen sehr zufrieden.

Sein Buch mit der Widmung hält Horst Müller eng ans Herz gedrückt. Müller erzählt, Schröder habe gesagt, er wolle ihn mal auf ein „Schwätzchen“ treffen, in seinem Büro Unter den Linden. Er kenne den Kanzler, äh, Ex-Kanzler schon lange, weil er im Ausland immer mit ihm verwechselt werde. Das hatte man im Kanzleramt irgendwann mitbekommen. Seitdem schreiben sie sich regelmäßig, der Ex-Ingenieur und der Ex-Kanzler.

„Herr Bundeskanzler“, rufen die Fotografen, und der Ex-Kanzler lacht nur, ein großes, genießendes, unbeschwertes Lachen. Gerhard Schröder guckt nach rechts, nach links, scherzt mit der Kamerameute. Der Medienkanzler ist noch immer unter uns. „Kommse ran“, sagt er zur Ersten in der Schlange, die sich bereits drei Stunden, bevor es losgeht, bei Dussmann an die Treppe ins Untergeschoss gestellt hat. Jetzt ist es kurz vor sechs.

Die Männer vom Bundeskriminalamt sind auch da, dazu ein halbes Dutzend Damen von PR und Vertrieb. Sie schauen alle sehr angestrengt. Wer kein Buch gekauft hat, wird gleich aussortiert. Wer eins hat, muss es der Dame im schwarzen Kostüm geben. Die gibt es einer anderen, die schiebt es dann Schröder hin. Harte Arbeit wie am Fließband. Schröder lächelt trotzdem.

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