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Berlin: Warten im Schatten der Katastrophe

Wie das Bodenpersonal und wartende Fluggäste im Flughafen Tempelhof auf das Unglück von Luxemburg reagierten

Zwölf Uhr mittags im Flughafen Tempelhof. Die Haupthalle wirkt wie leer gefegt. Nur wenige Fluggäste warten auf ihre Abreise, an den Abfertigungsschaltern herrscht Ruhe. Andrang gibt es zu dieser Stunde nur vor der Glasfront des Büros mit dem Firmenzeichen „Luxair“. Knapp zwei Stunden nach dem Absturz der zweimotorigen Turboprop-Maschine Fokker 50 nahe dem luxemburgischen Flughafen Findel stehen am Mittwochmittag etwa 30 Journalisten, Fernsehteams und Fotografen, vor der Agentur-Niederlassung, die für die luxemburgische Gesellschaft und mehrere andere Airlines Flüge von Tempelhof aus abwickelt. Von dort war die verunglückte Luxair-Maschine mit 22 Menschen an Bord um 8.40 Uhr gestartet.

In den Gesichtern der blau uniformierten Gruppe hinter der Glasfront, die das Medienaufgebot wie eine Schamgrenze vom Büropersonal trennt, mischt sich betroffene Ratlosigkeit mit gespannter Ungeduld. Warten auf Informationen. Hin und wieder wagt sich ein Journalist hinein, doch zu erfahren gibt es nichts. Noch kann niemand nähere Auskunft über das Unglück von Luxemburg geben. „Wir wissen noch gar nichts“, sagt Manfred Schneider von der südwestdeutschen Regionalfluggesellschaft Cirrus Airlines aus dem Team der Lufthansa, die ihre Tempelhof-Flüge ebenfalls in diesem Büro organisiert. Wenig später trifft eine Pressemitteilung zum Luxair-Unfall per Fax aus Luxemburg ein: „Luxair bedauert sehr stark mitteilen zu müssen, dass es heute Morgen auf dem Luxair Flug LG 9642/LH 2420 von Berlin Tempelhof nach Luxemburg bei Niedranven zu einem Unfall kam“, heißt es in der Erklärung. „Weitere Details liegen zum jetzigen Zeitpunkt nicht vor“, heißt es weiter in dem Schreiben, in dem auch Kontaktnummern für Angehörigen der Passagiere und der Crew mitgeteilt werden.

Fünf der 19 Passagiere, bei denen es sich überwiegend um deutsche Geschäftsleute gehandelt haben soll, kamen ersten Erkenntnissen nach aus Berlin. Ob sich bereits Angehörige von Fluggästen der Unglücksmaschine gemeldet haben, will im Büro niemand sagen.

Auch unter den wenigen Fluggästen in der Schalterhalle hat sich die Nachricht vom Unglücksflug der Luxair, der in Tempelhof seinen Anfang nahm, inzwischen herumgesprochen. Unter den wenigen Fluggästen, die hier warten, sitzt auch Ulrich Philippczyk. „Die zeitlich-räumliche Nähe zu dem Absturz beunruhigt mich schon“, sagt der Geschäftsmann. Warten auf den Abflug. In einer halben Stunde will Phillipczyk nach Münster fliegen, Routine für den Aktentaschenreisenden im beigen Trenchcoat. „Ich fliege mehrmals im Monat“, sagt der Mitarbeiter einer Firma, die als Zulieferer für die Deutsche Bahn arbeitet. Im Schatten der Katastrophe von Luxemburg tröstet er sich mit der Gewissheit, dass er auch an diesem Mittwoch mit dem Flugzeug – rein statistisch gesehen – noch das sicherste Verkehrsmittel gewählt hat.

„Ich habe eben noch zu meinem mitreisenden Kollegen gesagt, wir könnten auch zu Fuß nach Hause gehen, immer an der Autobahn entlang. Aber das wäre vermutlich viel gefährlicher.“

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