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Berlin: Was für ein Donnerwetter

Regenflut über Berlin: Böen hoben Dächer in die Höhe, U-Bahnhöfe liefen voll, ein Blitz traf ein Haus – und Feste fielen ins Wasser

Blitz, Donner und Regengüsse haben gestern Abend das Leben in der Stadt teilweise zum Erliegen gebracht. Vor allem in den südöstlichen Bezirken fluteten Wassermassen Straßen und Unterführungen, aber auch in der West-City strömten regelrechte Wasserfälle über die Treppen in U-Bahnhöfe und Keller. In Treptow-Köpenick deckten Sturmböen zwei Flachdächer komplett ab, und ein Einfamilienhaus stand nach einem Blitzeinschlag in Flammen. Weil wegen der Nässe die Gefahr eines Blitzeinschlags auf der Fanmeilenbühne bestand, musste der afrikanische Konzertabend zur symbolischen Übergabe an den nächsten WM-Ausrichter Südafrika unter anderem mit UN-Generalsekretär Kofi Annan abgesagt werden. Zudem wurde das Medienzentrum der Fußball-WM auf dem Maifeld vorübergehend wegen Sturm- und Unwetterwarnungen geräumt. Auch das Classic Open Air am Gendarmenmarkt fiel ins Wasser.

Die Feuerwehr befand sich seit dem späten Nachmittag bis in die Nacht im Ausnahmezustand, rund 300 Männer waren im Dauereinsatz. Zudem wurden sämtliche freiwillige Feuerwehren Berlins kurzfristig zum Dienst beordert – das waren weitere 500 ehrenamtliche Helfer. Bis Redaktionsschluss zogen sich Berliner nur Blessuren zu, schwer verletzt wurde niemand.

BVG und S-Bahn mussten Linien teils einstellen, weil Gleise, unterirdische Bahnsteige und ganze Straßenzüge überschwemmt waren. Betroffen waren unter anderem die U 5, U 3, die Buslinien 240 in Lichtenberg, M 19 unter den Yorckbrücken in Kreuzberg sowie der 200er in Charlottenburg. Die Straßenbahnen 68, M 8 und 21 blieben wegen Hochwassers stehen. Bei der S-Bahn gab es Störungen bei der S 85 am Treptower Park sowie bei der S 8 und S 9.

In Köpenick verloren Familien sprichwörtlich das Dach über dem Kopf. Die Gewitterböe muss über dem Parkplatz des Lidl-Marktes in der Grünauer Straße Kraft gesammelt haben und die beiden Flachdächer der Nachbarhäuser gepackt haben: Eines liegt in Einzelteilen im Garten, das andere im Ganzen auf einer Wiese nebenan: 60 Quadratmeter Dachpappe und Holzbohlen, zersplitterte Balken, die Dachrinne verbeult, ein zerschlagenes Fenster mittendrin. „Das Haus ist nicht mal zwei Jahre alt“, sagt ein Jugendlicher, der in dem zweistöckigen Gebäude gewohnt hat. Hinter ihm ist seine Mutter gerade dabei, die Familienmitglieder bei Bekannten für die Nacht unterzubringen.

Die Feuerwehr ist mit drei großen Geräte- und Materialwagen angerückt. Auf dem Lidl-Parkplatz sägen die Kollegen neue Dachbalken zurecht, nebenan tackern ihre Feuerwehrleute Plastikfolie fest. Auf dem höheren Gebäude sind schon Dachdecker am Werk.

In den umliegenden Kleingärten stehen Laubenpieper schockiert vor ihren umgestürzten Obstbäumen, überall sind Kreissägen zu hören. Auch durch den Zaun eines Grundstücks ist ein Baum gebrochen. „Das muss eine richtige Windhose gewesen sein“, sagt der Einsatzleiter der Feuerwehr.

In Wilmersdorf wurden die Einsatzkräfte am Abend zu einer Tiefgarage gerufen, weil Anwohner befürchteten, ein Mensch würde ertrinken. Das Wasser stand fünf Meter hoch – der Eingeschlossene konnte sich zum Glück noch selbst befreien.

Bis Redaktionsschluss bilanzierte die Feuerwehr 1150 wetterbedingte Einsätze wegen Wasserschäden, umgestürzter Bäume und verwehter Bauteile.

Unterdessen hat der Senat der Fifa angeboten, das Afrika-Konzert heute nachzuholen. Eine Entscheidung dazu soll erst im Tagesverlauf fallen. Bereits Donnerstagabend hatte ein Blitz in eine Leinwand auf der Fanmeile eingeschlagen – verletzt wurde aber auch dabei niemand.

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