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Was macht die Familie?: Auf Wiesen sonnigen

Wie eine Mutterdie Stadt erleben kann.

Wir wollten in den Herbstferien den Sommer verlängern, flogen für eine Woche all inclusive in die Türkei und fanden unsere Sehnsüchte im Willkommensheft der örtlichen Reiseleitung präzise benannt. „Sie wollen auf grünlichsten Wiesen sonnigen“, hieß es darin, „Sie wollen voller Adrenalin auf wilden Rutschen abspringen – Sie können sicher sein, Ihre Erwartungen werden vollstens erfüllt.“ Ja, wir wollten sonnigen! Abspringen, und zwar vollstens! Aber ach, auch in der Türkei kann es im Oktober kalt sein, dann ist nichts mit Baden, Sonnigen und Abspringen, sondern es heißt abendliches Bibberigen in ungeheizten Zimmers. Trotzdem war der Urlaub schön. Wir besichtigten die Ruinen von Ephesos, schlugen uns all inclusive die Bäuche voll, ließen uns auf Basaren übers Ohr hauen. Wir erhoben uns mit dem Fallschirm in die Lüfte, gezogen vom Speedboat, der Jüngste vorn, ich hinten, beide vollstens mit Adrenalin und himmelbegeistert. „Ich bin der König der Welt!“, rief das Kind über die Bucht, „wenn ich wiedergeboren werde, will ich ein Vogel sein!“ Menschen hätten ja genau wie Tiere eine Seele, erklärte er mir später, einen Tag nach dem Tod würden sie wiedergeboren. Soweit seine Erkenntnisse aus dem Religionsunterricht. Auch der Geschichtsunterricht hat gefruchtet, er kann alle antiken Weltwunder aufsagen und plant, sie für die eigene Nutzung wiederzuerrichten. „Ich baue aber auch ein neumodisches Haus an den Rand, damit ich nicht immer in so einer Antike wohnen muss.“

Kaum sind wir wieder im neumodischen Berlin, haben uns der Regen, die Arbeit und die x-box fest im Griff. Der Große verschwindet im Zimmer, ab und an hört man ihn Spielgegner aus Stuttgart oder Honolulu anbrüllen. Erhebe ich Einwände gegen das Lotterleben, greift auch er auf den Religionsunterricht zurück. „Warum schlunzet und stinket ihr nicht?“, sagt er, frech und frei nach Luther, „Habet ihr keine Ferien?“ Nein, haben wir nicht. Und du, ätschbätsch, seit heute auch nicht mehr. Dorothee Nolte

So tolle Wasserrutschen wie in der Türkei gibt es in Berlin nicht. Im Stadtbad Schöneberg kann man ins warme Wasser sausen – oder man fährt gleich ins Tropical Islands, um dem nahenden Winter zu entfliehen.

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